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Art. 2.
Die Untersuchung wegen solcher Handlungen soll, soweit nicht im Art. 401 für
die vor die Oberamtsgerichte gehörigen Strassachen und im Art. 251 für dringende
Fälle anders bestimmt ist, nur auf erhobene Klage oder in Folge eines derselben gleich-
stehenden Gerichtsbeschlusses (Art. 75, 76, 220, 320) eingeleitet werden.
Art. 3.
Allen bei dem Strafverfahren thätigen Behörden und öffentlichen Dienern macht
es ihr Beruf zur Pflicht, ihre Handlungsweise so einzurichten, daß die gesetzlichen Vor-
schriften beobachtet, Schuldlose nicht verfolgt und Schuldige der verdienten Strafe nicht
entzogen werden.
Art. 4.
Dem Endurtheil hat ein mündliches und öffentliches Verfahren vor dem erkennen-
den Gericht bei Vermeidung der Nichtigkeit vorherzugehen (zu vergl. übrigens Art. 294).
Bei dieser Hauptverhandlung muß die Beweisaufnahme erfolgen und der Staats-
anwalt, soweit nicht bezüglich desselben im Art. 401 ff. anders bestimmt ist, sowie der
Beschuldigte gehört werden.
Im Uebrigen ist das Verfahren nur in den vom Gesetz ausdrücklich bestimmten
Fällen öffentlich.
Art. 5.
In jeder Strafsache kann der Beschuldigte einen Vertheidiger beiziehen.
Art. 6.
Die Gerichte haben ihr Urtheil über Schuld oder Nichtschuld nur aus dem Inbe-
griff des vor ihnen Verhandelten zu schöpfen und hiebei lediglich ihre durch die vorlie-
genden Beweismittel gewonnene Ueberzeugung zur Richtschnur zu nehmen.
Art. 7.
Der Strafrichter verhandelt und beschließt auch über Vorfragen des sonstigen öffent-
lichen Rechts oder des Privatrechts, ohne deren Erörterung er nicht entscheiden kann,
und befolgt hiebei die für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden
Vorschriften.
Nur wenn der Thatbestand der strafbaren Handlung von der Giltigkeit einer Ehe
abhängig und diese bei der ehegerichtlichen Behörde angefochten ist, hat das Urtheil der
letzteren vorauszugehen und der Strafrichter bei Vermeidung der Nichtigkeit demselben
Folge zu geben.