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Der einzelne Richter und der Gerichtsschreiber können von dem Staatsanwalt und
Privatankläger beziehungsweise dem Beschuldigten abgelehnt werden:
1) falls sie zu dem Beschuldigten, dessen Vertheidiger oder dem Verletzten in einem
solchen Verhältniß, insbesondere dem der entfernteren Verwandtschaft oder
Schwägerschaft stehen, daß dem Betheiligten volles Vertrauen in ihre Unbe-
fangenheit nicht zugemuthet werden kann; ·
2) wenn durch den Ausgang der Sache ihr Privatiuteresse irgendwie berührt wird;
3) wenn sie im Lauf des Verfahrens Ordnungswidrigkeiten gegen den Beschuldigten
sich erlaubt haben, welche auf ihre Befangenheit schließen lassen;
4) wenn letztere aus Aeußerungen oder Rathschlägen der gedachten Beamten erhellt.
Art. 59.
Ein Richter oder Gerichtsschreiber, welchem bekannt ist, daß bei ihm einer der in
den Artikeln 56—58 Ziff. 1, 2 bezeichneten Unfähigkeits= oder Ablehnungsgründe ein-
trete, hat denselben, auch wenn keine Ablehnung erfolgt ist, der zur Beschlußnahme be-
rufenen Behörde anzuzeigen (vergl. übrigens Schlußsatz) und sich einstweilen jeder Be-
theiligung an der Verhandlung der Sache zu enthalten.
Nur wenn Gefahr auf dem Verzug haftet und die Vertretung durch einen andern
Richter nicht sogleich erfolgen kann, darf sich der Richter dringend nöthigen Unter-
suchungshandlungen unterziehen.
Das Gleiche gilt, wenn solche Beamte außerhalb ihrer Dienstverrichtungen Zeugen
einer strafbaren That waren.
Die zur Beschlußnahme berufene Behörde verfügt von Amtswegen entweder den
Ausschluß des Richters oder Gerichtsschreibers, oder sie ordnet, wenn die angezeigten
Gründe nur unter Art. 58 fallen und nach dem Ermessen der Behörde den Ausschluß
nicht erfordern, die Fortsetzung ihrer Thätigkeit an.
Erklärt ein Richter unter Bezugnahme auf seinen Diensteid, daß ein Verhältniß
des Art. 58 vorliege, wonach er in der Sache nicht unbefangen sei, so ist ihm gestattet,
sich der Betheiligung an ihrer Verhandlung zu entschlagen.
Art. 60.
Ablehnungen sind zulässig, auch wenn auf die in Art. 59 vorgeschriebene Anzeige
die Ausschließung des Richters oder Gerichtsschreibers von der Betheiligung an dem
Verfahren nicht verfügt worden sein sollte. Sie müssen schriftlich geschehen oder zu
Protokoll erklärt, zugleich aber den abgelehnten Gerichtspersonen angezeigt werden.