Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

— 29. — 
Art. 85. 
In der Voruntersuchung kann ein Vorführungsbefehl erlassen werden: 
1) wenn der Gegenstand-der Beschuldigung ein mit dem Verlust der bürgerlichen 
Ehren= und der Dienstrechte, mit Arbeitshaus oder mit höherer Strafe bedrohtes 
Verbrechen ist; 
2) wenn der Beschuldigte kraft gerichtlichen Urtheils unter polizeilicher Aufsicht steht; 
3) wenn derselbe als Unbekannter, als eines festen Aufenthalts ermangelnd oder aus 
einem sonstigen besonderen Grund der Flucht verdächtig erscheint oder 
4) wenn besorgt werden muß, daß er die Untersuchung durch Beseitigung der Spuren 
der That oder durch Verabredung mit Mitschuldigen oder Zeugen vereiteln oder 
erschweren werde; 
5) wenn derselbe seiner Vorladung ungehorsamerweise nicht Folge geleistet hat (Art. 234). 
Art. 86. 
Wird der Beschuldigte außerhalb des Bezirks des Untersuchungsrichters, welcher 
den Befehl erlassen hat, ergriffen, so kann er verlangen, zunächst vor das Gericht, in 
dessen Sprengel er ergriffen worden, geführt zu werden. Weist er hier nach, daß der 
Befehl nicht gegen ihn erlassen oder später außer Wirkung gesetzt worden ist, so ordnet 
das Gericht seine Entlassung an. 
Art. 87. 
Ein Beschuldigter, dessen Vorführung verfügt ist, soll innerhalb 24 Stunden, nach- 
dem er im Gefängniß angekommen, über die Beschuldigung vernommen werden. Machen 
besondere Umstände die Beachtung dieser Frist nicht möglich, so sind dieselben zu Pro- 
tokoll zu bemerken. 
Art. 88. 
Nach erfolgtem Verhör muß entweder die Freilassung verfügt oder ein Haftbefehl 
erlassen werden (vergl. jedoch Art. 98). 
Antersuchungshaft. 
Art. 89. 
Die Untersuchungshaft kann nur kraft eines richterlichen (Haft-) Befehls eintreten. 
Sie darf erst verfügt werden, nachdem der Beschuldigte über den Gegenstand der 
Beschuldigung verhört oder nachdem das Erforderliche, um sein Verhör zu bewirken, ohne 
Erfolg geschehen ist.
	        
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