Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

— 90. — 
Wird das Wort dem Vertheidiger bleibend entzogen, so kommt der Art. 216 zur 
Anwendung; wäre die gleiche Verfügung dem Staatsanwalt gegenüber geboten und der- 
selbe nicht von einem Stellvertreter begleitet (Art. 297 Abs. 2 und 3), so tritt Ver- 
tagung der Verhandlung ein. 
Art. 299. 
Der Vorsitzende kann im Laufe der Verhandlung einen oder mehrere Zeugen oder 
Beschuldigte einstweilen abtreten lassen; er ist aber verpflichtet, die Beschuldigten, wenn 
sie wieder eingetreten sind, von dem wesentlichen Inhalt der in der Zwischenzeit er- 
folgten Verhandlungen in Kenntniß zu setzen (vergl. auch Art. 305). 
Auf Verlangen eines Beschuldigten muß ihm der in der Zwischenzeit vernommene 
Zeuge oder Mitbeschuldigte gegenüber gestellt werden. 
Art. 300. 
Der Vorsitzende hat die Pflicht, mit allen Kräften dahin zu wirken, daß die Wahr- 
heit an das Licht gebracht werde. Er ist deßhalb ermächtigt, selbst noch während des 
Laufs der Verhandlung, wofern ihm diese dazu Anlaß gibt, Jeden, mit Ausnahme der 
in Art. 142 und 164 bezeichneten Personen, nöthigenfalls durch einen Vorführungs- 
befehl vorzufordern und, soweit nicht Art. 143 entgegensteht, zu vernehmen. Der Ver- 
nehmung muß die Hinweisung auf die mögliche Vereidung vorangehen. Der Vorsitzende 
kann alle Beweisstücke zur Stelle schaffen und alle Aktenstücke verlesen lassen, von 
welchen er eine Aufklärung der Sache erwartet. Das Gericht bestimmt, nach Anhörung 
des Staatsanwalts und des Beschuldigten, ob die von dem Vorsitzenden vorgeforderten 
Zeugen oder Sachverständigen, deren Vereidung zulässig ist, zu verciden sind. 
Der Vorsitzende muß alles beseitigen, was die Verhandlungen in die Länge ziehen 
könnte, ohne eine größere Sicherheit in den Ergebnissen zu gewähren. 
Die Abhör vorgeladener oder in die Sitzung gestellter Zeugen und Sachverständiger 
darf jedoch nur mit Zustimmung des Staatsanwalts und des Beschuldigten unterbleiben. 
Glaubt der Staatsauwalt oder der Beschuldigte, daß der Vorsitzende bei der Be- 
weisaufnahme sich zu einer Handlung anschicke, die ihm das Gesetz nicht gestatte, oder 
den Antrag auf eine Handlung ohne Grund ablehne, so können sie das Gericht um Ent- 
scheidung aurufen. 
Gang des Verfahrens. 
Art. 301. 
Nach dem Aufruf der Sache wird der Beschuldigte, welcher, wenn er verhaftet ist,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.