Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1868. (45)

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nach Befinden von einer Sicherheitswache in die Sitzung begleitet wird, über seine per- 
sönlichen Verhältnisse vernommen. In den vor die höheren Gerichte gehörigen Straf- 
sachen trägt die Staatsanwaltschaft die Beschuldigung auf den Grund des vorausgeschickten 
Beschlusses der Raths= und Anklagekammer oder des Untersuchungsrichters vor. Die 
Zeugen werden eingeführt. Dieselben und die Sachverständigen werden aufgerufen und 
ermahnt; die Zeugen, welche nicht sofort vernommen werden, verfügen sich in das Wart- 
zimmer. Sodann wird zur Vernehmung des Beschuldigten und zur weiteren Beweisauf- 
nahme geschritten. Erstere findet in dem Zeitpunkte statt, welcher dem Vorsitzenden der ange- 
messene erscheint. Von dem Staatsanwalt wird hiernächst ausgeführt, was für die Be- 
schuldigung und seinen Strafantrag spricht, der Beschuldigte kann entgegnen, der Staats- 
anwalt sich weiter vernehmen lassen und der Beschuldigte zuletzt nochmals das Wort 
ergreifen. Nach diesen Vorträgen wird die Verhandlung für geschlossen erklärt und das 
Gericht spricht das Urtheil. 
» Art. 302. 
Den Zeugen ist untersagt, vor ihrer Vernehmung über die Sache sich zu besprechen 
oder mit Dritten zu verkehren; erforderlichen Falls hat hier der Vorsitzende Vorsichts- 
maßregeln zu ergreifen. 
Wird den Anordnungen des Vorsitzenden seitens der Zeugen oder Dritter zuwider- 
gehandelt, so sind diese von dem erkennenden Gericht nach Art. 1 des Polizeistrafgesetzes 
vom 2. Oktober 1839 zu strafen. 
, Art. 303. 
Die Zeugen werden einzeln aus dem Zeugenzimmer vorgerufen, wenn ihre Beeidi- 
gung zulässig ist (vergl. Art. 158, 409 Abs. 1) vereidet, beziehungsweise (vergl. Art. 160 
Abs. 4 und 5) in Pflichten genommen und in Abwesenheit der erst später zu verhörenden 
Zeugen vernommen. 
Die Beeidigung darf auch bei schon in der Voruntersuchung vereideten Zeugen nicht 
unterbleiben. Nur ausnahmsweise kann sich der Vorsitzende, nach vorgängiger Berathung 
mit dem Gericht, darauf beschränken, den Zeugen an den bereits geleisteten Eid zu erinnern. 
Ob die Sachverständigen in das Wartezimmer zu entlassen seien oder nicht, ob jeder 
einzeln oder in Gegenwart des andern zu vernehmen sei, wird von dem Vorsitzenden be- 
stimmt, vorbehältlich der Entscheidung des Gerichts, falls von Seiten des Staatsanwalts 
oder des Beschuldigten Widerspruch erfolgt.
	        
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