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von dem Untersuchungsrichter beziehungsweise dem Oberamtsrichter aufgestellt worden ist
oder wie sie im Verfolg der Verhandlung sich darstellt, dem Gericht von einem andern
als dem hervorgehobenen Gesichtspunkte aus als strafbar erscheint, zu Verhängung der
Strafe aber entweder auch jetzt noch dasselbe Gericht oder ein Gericht niedrigerer Stufe
befugt ist, so verbleibt ersterem die Entscheidung.
Andernfalls kann von demselben nur ein Haftbefehl erlassen und muß die Sache
dem zuständigen Gericht übergeben werden (Art. 399 und 410).
Verbleibt die Entscheidung dem bisherigen Gericht, so hat dieses bei Vermeidung
der Nichtigkeit vor dem Schlusse des Beweiseinzugs oder unter Gestattung der Wieder-
aufnahme desselben den Beschuldigten und, wenn der Staatsanwalt zu erscheinen hatte,
auch diesen unter Bezeichnung der gesetzlichen Merkmale auf den in Erwägung kommen-
den neuen Gesichtspunkt aufmerksam zu machen, damit dieselben bei der weiteren Ver-
handlung auf solchen Rücksicht zu nehmen in den Stand gesetzt sind. Dem Beschul-
digten muß hiebei stets auf Verlangen eine Unterredung mit dem Vertheidiger gewährt
werden.
Art. 322.
Ergeben sich während der Verhandlung Anzeigen, daß der Beschuldigte eine weitere
strafbare Handlung begangen habe, so kann von dem Gericht auf den Antrag des Staats-
auwalts oder bei einer in dessen Abwesenheit vorgenommenen oberamtsgerichtlichen Ver-
handlung von Amtswegen selbst gleichzeitig mit der Freisprechung wegen der anderen
Beschuldigung, ein Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen werden.
Art. 323.
Das Gericht hat auf den Antrag des Staatsauwalts oder des Beschuldigten, aber
auch von Amtswegen, die Vertagung der Sache zu beschließen, wenn einer der im Art. 321
Abs. 1 bemerkten Fälle eintritt und es deßhalb zur Anklage oder zur Vertheidigung
besserer Vorbereitung bedarf.
Die Vertagung muß hier jedenfalls erfolgen, wenn nunmehr ein Todesurtheil in
Frage kommt. «
Art. 324.
Die Vertagung einer schon eröffneten Verhandlung kann auch aus anderen wichtigen
Gründen auf Antrag oder von Amtswegen verordnet werden.
Sie ist namentlich und zwar bei Vermeidung der Nichtigkeit zu beschließen, wenn