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8. 10.
Wenn in Fällen, die nicht von Amtswegen zu etwaiger Begnadigung vorgelegt sind
(St. P.O. Art. 345, Verf.-Urk. §. 97, Abs. 1), Unser Justizministerium, weil dasselbe
keinen Grund gefunden hat, das Begnadigungsgesuch mit empfehlendem Vortrag an Uns
zu bringen, den Bittsteller vorläufig zurückweist, so kann der Abgewiesene gleichwohl
verlangen, daß sein Gesuch Unserer Höchsten Entschließung unterstellt werde.
Der Vollzug der Strafe bleibt jedoch in diesem Falle nur dann aufgeschoben, wenn
jenes Verlangen sogleich bei Eröffnung der abweisenden Verfügung gestellt wird.
§. 11.
Ein Gesuch um Strafausschub hemmt die Strafvollstreckung in den Fällen des
§. 7, Ziff. 4 sowie dann nicht, wenn ein Begnadigungsgesuch (§. 7) oder ein Strafauf-
schubsgesuch, gleichviel mit welchem Erfolge, vorausgegangen ist, es wäre denn das Ge-
such durch neu entstandene oder neu entdeckte und sofort bescheinigte Umstände unterstützt.
§. 12.
Zur endgültigen Erledigung von Gesuchen um Strafaufschub wollen Wir kraft
besonderen stets widerruflichen Auftrags ermächtigt haben
1) für Gesuche um Strafaufschub bis zur Dauer von 10 Tagen die Oberamtsrichter
a) wenn die Strafe von dem Oberamtsgerichte, einem Beamten desselben oder
von einer ihm nachgesetzten Behörde ausgegangen,
b) wenn dem Oberamtsgerichte die Einleitung des Strafvollzugs aufgetragen ist
(St. P.O. Art. 504);
2) für Gesuche um Strafaufschub bis zur Dauer von sechs Wochen:
a) in den Fällen unter 1. a. bei einer 10 Tage übersteigenden Dauer den Vor-
stand des Kreisgerichtshofs oder der betreffenden Kammer desselben, im Be-
reiche der Strafrechtspflege der Raths= und Anklagekammer,
b) sonst den Vorstand des Gerichts oder der Gerichtsabtheilung, von welcher die
Strafe ausgieng, oder welcher der Richter, der die Strafe verzängt hat, an-
gehört (zu vergl. S. 4, Abs. 2).
Sonstige Gesuche um Strafaufschub sind dem Justizministerium vorzulegen, welches
zu willfähriger Erledigung oder vorläufiger Zurückweisung ermächtigt ist. Letzterenfalls
finden die Bestimmungen des §. 10 Anwendung.