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§. 23.
Wenn bezüglich eines früher unter Polizeiaufsicht Gestellten Grund vorzuliegen
scheint, gegen ihn nunmehr die Maßregel der Ziffer 1 des §. 39 des Strafgesetzbu?es
für das Deutsche Reich eintreten zu lassen, so hat das Oberamt hierauf bei der zustän-
digen Kreisregierung den Antrag zu stellen.
Stuttgart, den 16. Januar 1872.
Mittnacht. Scheurlen.
b) Verfügung, betreffend die Maßregeln der Aufsicht und Fürsorge in Beziehung auf die unvermög-
lichen und auf die unter Polizei-Aufsicht gestellten Strafgefangenen unmittelbar vor und nach ihrer
Entlassung aus der Strafanstalt.
Um die Vorschriften über die Aufsicht und Fürsorge hinsichtlich der unvermöglichen
und der unter Polizei-Aufsicht gestellten Strafgefangenen unmittelbar vor und nach ihrer
Entlassung aus der Strafanstalt mit den Bestimmungen des Strafgesetzbuches für das
Deutsche Reich in Einklang zu bringen, wird mit Höchster Genehmigung Seiner
Königlichen Majestät unter Aufhebung der Verfügung der Ministerien der Justiz und
des Innern vom 7. März 1860 (Reg. Blatt S. 31 bis 35) Folgendes angeordnet:
1) die Verwaltungen der Zuchthäuser haben vier Wochen, die Verwaltungen der Landes-
gefängnisse vierzehn Tage vor dem Ablauf der Strafzeit jedes unvermöglichen,
sowie jedes unter Polizei-Aufsicht gestellten, dem Königreich Württemberg ange-
hörigen Gefangenen der Ortsobrigkeit seiner Heimathgemeinde von der bevorstehen-
den Entlassung desselben unter Bezugnahme auf die ebengenannten Verhältnisse
Nachricht zu geben und dabei zu bemerken, womit der Gefangene in der Straf-
anstalt beschäftigt, was er etwa gelernt habe und womit er sich allenfalls nach er-
langter Freiheit seinen Unterhalt verschaffen könne.
Zugleich ist der Ortsobrigkeit die erforderliche Mittheilung an das Pfarramt an-
zusinnen.
Außerdem hat die Strafanstaltenverwaltung bezüglich derjenigen Gefangenen, bei
welchen die Gerichte auf die Zuläßigkeit der Polizeiaufsicht erkannt haben, nach
§§. 3 bis 7 der Ministerialverfügung vom 16. Januar d. J., betreffend den Voll-
zug der §§. 38 und 39 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich über Polizei-
aussicht, sich zu achten.