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Fehlt es an einer jener Voraussetzungen, so kann der Nachbar nach seiner Wahl die
Entfernung des Ueberbaues und Entschädigung für den durch denselben erlittenen Nachtheil
fordern oder den überbauten Grund dem Ueberbauenden gegen Entschädigung überlassen.
Art. 73.
Die Titel der Bauordnung vom 2. Januar 1655 S. 74—77:
„Von Rebstöcken, Bäumen und Ueberhängen,“
„Von den Bandhecken und Bandstämmen,“
„Von den Zäunen und Hägern rc. 2c. §. 1 (mit Ausnahme der die Höhe der
Zäune in den Städten betreffenden Vorschrift) und §. 2.“
bleiben vorläufig in Kraft.)
*) Die angeführten Titel der Bauordnung vom 2. Januar 1655 lauten folgendermaßen:
Von Rebstöcken, Bäumen und Ueberhängen.
Nachdem sich auch vielfältig befindet, daß in Städten und Flecken, mancher in seinem Garten oder
Hof, ein Cammertzen von Rebstöcken oder anderen hohen Gewächsen an seines Nachbauren Haus auf-
zlehet, oder zu nahe daran Baum setzet, dardurch wann die Wänd vom Regen und Schnee gar naß
werden, und von den Winden das Wasser an die Häuser gewehet und getrieben wird, nicht allein die
höltzerne= und steinerne Wänd davon grossen Schaden nemmen, und verfäult werden, sondern auch von
den hohen Bäumen, welche lange und Schwere Aest bekommen und haben, manchmal auf die Häuser-
Dächer hinein ligen, und solche ein= und niderdrucken. Dieweil aber billich ein Nachbaur dem andern
vor Schaden zu sein schuldig, als ordnen und wollen Wir, daß hinfüro die Cammertzen von Rebstöcken
und andern hohen Gewächsen, sie haben Namen wie sie wollen zween Werckschuh weit von deß Nach-
bauren Haus, Schewren, Stallung oder Zaun hindangezogen, eingepflanzet, und ohnangehefft oder ge-
spriest an der Nachbauren Gebäu auffgezogen, auch wo die Ruthen oder Zweiglein so lang würden, daß
sie die Gebäu ziemlich berühren thäten, selbige mit binden und heften eingezogen, oder gar nach gestalt
der Sachen gebrochen oder abgeschnitten werden sollen.
Die Nußbäum sollen in den Stadt-Gärten von deß Nachbauren Gebäu und Zäunen zwölf Werck-
schuh gesetzt und gepflanzet, auch wo solche lange Aest bekommen, die nicht allein die Häuser an den
Wänden stark berühren, sondern auch gar auf die Dächer hinein gehen und aufliegen, solche abgestimmelt,
und damit dem Gebäu kein Schaden zugezogen werden. Im Feld aber soll man die Nußbäum umb
deß schädlichen Ueberhangs, und deren darbey ereigender Ungelegenheiten willen, zehen Schuh weit, vom
Untermarck setzen.
Die übrige gemeine Obs-- und andere Bäume sollen umb obiger Ursachen willen, in den Städten
von deß Nachbauren Gebäu und Zäunen neun, in dem Feld aber von dessen Untermarkt sieben Schuh
gesetzt werden.