Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1872. (49)

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1) Der Ausbruch der Krankheit und die Kennzeichen derselben sind den Ortseinwoh- 
nern ungesäumt bekannt zu machen, und es ist hiebei daran zu erinnern, daß Jeder, 
in dessen Haus oder Wohnung eine Person an den Pocken erkrankt, sowie Jeder, 
der die Pflege eines an den Pocken Erkrankten übernimmt, verbunden ist, hievon 
sogleich der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen. 
Ueber die Kennzeichen der Krankheit ist den Ortsvorstehern vom Oberamtsarzte 
Belehrung zu ertheilen. 
2) Dem Kranken und den zu seiner Pflege dienenden Personen ist der Verkehr mit 
Dritten auf so lange zu untersagen, bis der Oberamtsarzt die Gefahr der An- 
steckung Anderer für beseitigt erklärt hat, und der Genesene, dessen Wärter, deren 
Kleider und Wohnraum vorschriftmäßig vom Ansteckungsstoff gereinigt worden sind, 
auch die Ortseinwohner von unnöthigen Besuchen in den Häusern, in welchen 
sich Pockenkranke befinden, ernstlich abzumahnen. 
3) Lassen die Verhältnisse, in welchen der Kranke sich befindet, eine genügende Ab- 
sonderung in dessen eigener Wohnung nicht zu, so ist darauf zu dringen, daß der- 
selbe womöglich in ein diesem Erforderniß entsprechendes Krankenhaus oder in 
einen sonstigen passenden Wohnraum gebracht wird. 
4) An dem Eingang des Hauses oder der Wohnung des Kranken ist eine Warnungs- 
tasel in einer in die Augen fallenden Weise anzubringen und bis nach beseitigter 
Gefahr angeheftet zu belassen oder erforderlichen Falls zu erneuern. 
5) Bei der dem Oberamtsarzte obliegenden Vornahme einer außerordentlichen Impfung 
(§. 14) hat der Ortsvorsteher mitzuwirken und diejenigen Ortseinwohner, deren 
Ansteckungsfähigkeit nicht durch eine in den letzt vorangegangenen 10 Jahren mit 
Erfolg geschehene Impfung als getilgt erscheint, zu veranlassen, sich der Wieder- 
impfung zu unterziehen. Insbesondere sind hiezu diejenigen Personen, welche mit 
dem Kranken in gleichem Hause wohnen, nachdrücklich zu ermahnen. 
6) Ist der Kranke wieder genesen oder gestorben, so hat der Ortsvorsteher sich zu ver- 
sichern, daß der Genesene einer Reinigung sich unterzieht, sowie daß dessen Kleider, 
die gebrauchten Bettstücke und der Wohnraum gründlich gereinigt werden.) 
*) Die Reinigung des Körpers besteht in einem warmen Bade oder Abwaschung und Abreibung 
des ganzen Körpers mit warmem Seifenwasser, die der Kleider und Bettstücke, so weit sie waschbar sind, 
in Waschen mit Zusatz von Lauge, der nicht waschbaren in mehrtägigem Auslüften oder in Beräucherung 
mit Schwefel= oder Chlordämpfen. Auch soll das Krankenzimmer nach seiner Leerung heiß aufgewaschen, 
den Tag über gelüftet und des Nachts in dasselbe Chlorkalk gestellt werden.
	        
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