Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1872. (49)

362 
grade geschützt, oder noch besser in flüssiger Form in Haarröhrchen. Man nimmt zu 
letzterem Behufe die feinsten gläsernen Haarröhrchen von 2—3“ Länge, die aus der 
geöffneten Pustel die Lymphe anziehen, worauf man sofort die beiden Enden des Röhr- 
chens mit Siegellack oder durch Schmelzung an der Flamme eines Kerzenlichtes ver- 
schließt. Vor strengerer Kälte verwahrt hält sich der Stoff in ihnen sehr lange Zeit 
frisch und unverdorben. Will man die in ihnen aufbewahrte Lymphe zur Weiterimpfung 
verwenden, so bricht oder schneidet man die beiden Enden ab, bläst die Flüssigkeit heraus 
auf eine Glasplatte, einen Teller, ein Stäbchen und dergleichen, nach Um ständen auch auf 
die Lanzette selbst, oder auf die zu impfende Stelle der Haut, und bedient sich der 
flüssigen Lymphe wie bei der Impfung von Arm zu Arm. 
6. Anweisung zur Bereitung der Glycerin-Lymphe. 
Man öffne die normalen und kräftig entwickelten Pocken eines gesunden Impflings 
so, daß die Lymphe reichlich ausfließt. Am Besten geschicht dieß in der Weise, daß 
man mit einer scharfen und feinen Impfnadel vielfach in die Basis der Pocken flach 
einsticht. Die nach einigen Minuten ausfließende Lomphe nimmt man wiederholt mit 
einer breiten Lanzette auf, wobei man durch Streichen der Lanzette über die Pocken den 
Abfluß der Lymphe befördert. Durch Abstreifen der Lanzette bringt man die Lymphe 
alsdann auf ein Uhrglas und fügt derselben chemisch reines Glycerin und destillirtes 
Wasser in dem Verhältnisse hinzu, daß auf ein Theil Lyumphe 2 Theile Glycerin und 
2 Theile destillirtes Wosser kommen. Man mischt hierauf die Lumphe mit dem Gly- 
cerin und Wasser mittels eines Tuschpinsels stark zusammen und armirt mit letzterem 
auch, wenn sofort geimpft werden soll, die Impflanzette oder Impfnadel reichlich. 
Soll die Lymphe aufbewahrt werden, so läßt man sie aus dem Uhrglase in starke 
Haarröhrchen ziehen, oder man bereitet die ganze Mischung sogleich in einem neuen 
Arzneigläschen (etwa von 5,0 bis 10,0 Grm. Inhalt), oder man drückt die Lymphe aus 
dem Uhrglase mittels des Pinsels in das Gläschen. 
Die aufbewahrte Glycerin-Lymphe muß vor jedesmaligem Gebrauche von Neuem 
durcheinander gerührt werden. 
Will man große lymphreiche Pusteln erzielen, so impfe man nicht mit der Impf- 
nadel, sondern mit einer reich armirten Lanzette durch seichte Einschnitte, in welche man 
die Lymphe durch wiederholtes Hinüberstreichen mit der Lanzette stark eindringen läßt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.