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Wäre indessen ärztliche Hülfe immer noch nicht angelangt, um die weitere Behand-
lung nach den Regeln der Kunst zu besorgen, so dürften die Wunden ausgebrannt
erden, entweder mit Schieß pulver, oder mit dem Glüheisen, oder mit Brenn-
chwamm (Zunder). Mit ersterem wird die (nicht mehr blutende) Wunde, besonders
denn sie eher flach und breit als tief ist, bis auf ihren Grund reichlich bestreut, und
asselbe angebrannt; tiefere Wunden aber werden besser mit einem glühenden Eisen be-
andelt, wozu nach der Form der Wunde ein Nagel, eine zweischenkelige Gabel, eine
Sticknadel u. s. w. benützt werden kann. Ganz oberflächliche Wunden aber können mit
tinem Stückchen Brennschwamm behandelt werden.
8. 20.
Sind aber auch diese Mittel nicht bei der Hand, oder sind sie aus andern Grün-
en nicht anwendbar, so lege man, um die Vertrocknung und allzufrühe Schließung
der Wunde zu verhindern, Läppchen, in heißes Wasser getaucht, auf, oder reibe
Asche oder frisch gestoßene Zwiebel, oder frisch zerquetschten Meerrettig,
deer Senfmehl, oder Salz, oder gepulverten ungelöschten Kalk auf die Wunde,
im dadurch in derselben eine Entzündung und Eiterung zu erregen.
8. 21.
Dem Verletzten verschaffe man nun, bis weitere Hülfe geleistet wird, körperliche
und geistige Ruhe.
Die weitere Behandlung des Verletzten, sowohl was die örtliche Anwendung
don Mitteln für die Bißwunden, als die innerliche Cur und das sonstige diä-
tetis che Verhalten betrifft, ist dem hülfeleistenden Arzte zu überlassen, da dieser am
esten ermessen kann, was in jedem einzelnen Falle nach Maaßgabe der individuellen
erhältnisse des Verletzten und seiner Verwundung weiter mit Erfolg und mit der
döthigen Ausdauer anzuwenden ist.
§. 22.
Ausdrücklich ist vor einigen, in manchen Gegenden noch üblichen, auf irrigen An-
licten und starrem Aberglauben beruhenden Volks= und Geheimmitteln zu
darnen, und namentlich vor solchen, welche darin bestehen, daß nur der Ballen der
Hand, z. B. mit einem Schlüssel (Hubertus= oder Petrusschlüssel) u. dgl. gebrannt