Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1894. (71)

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amtsärzten und Oberamtswundärzten sowie deren Stellvertretern) ob. Doch können die 
Gefangenen sich auf ihre Kosten auch anderer Aerzte bedienen. Untersuchungsgefangene 
bedürfen hiezu der Genehmigung des Richters, andere Gefangene der Erlaubniß des 
Gefängnißvorstands. Aus hauspolizeilichen Gründen sowie wegen Gefährdung des Haft- 
zwecks können ungeeignete Personen ausgeschlossen werden. 
Im Uebrigen können kranke Gefangene, wenn es nach den Umständen geboten er- 
scheint, in eine von dem Gefängniß getrennte Krankenanstalt verbracht werden. Bei 
Untersuchungsgefangenen bedarf es der Zustimmung des Richters, und es darf eine solche 
Ueberführung dann nicht angeordnet werden, wenn dadurch der Haftzweck gefährdet würde. 
Erkrankte Strafgefangene, welche der Flucht nicht verdächtig sind, können je nach Lage 
der Umstände von dem Gefängnißvorstand zeitweilig beurlaubt werden, und es ist einer 
solchen Beurlaubung im Zweifel der Vorzug vor der Unterbringung in einer Kranken- 
anstalt zu geben. 
§. 30 
Schwangere Gefangene, deren Entbindung bevorsteht, sind nach Maßgabe der vor- 
stehenden Bestimmungen (§. 29) zu behandeln. 
8. 31. 
Den Gefangenen darf der Zuspruch eines Geistlichen ihres Glanbens nicht versagt 
werden. 
Die Berufung Geistlicher von auswärts auf Kosten der Staatskasse findet zwar im 
Allgemeinen nicht statt, doch ist im Bedürfnißfall, namentlich bei schweren Erkrankungen, 
bei langdauernder Untersuchungshaft, der Gefängnißvorstand hiezu ermächtigt. 
Es ist darauf Bedacht zu nehmen, daß überall nach Thunlichkeit für die Gefangenen 
eine regelmäßige Seelsorge eingerichtet wird, bei welcher vor Allem das Interesse den 
jugendlichen Gefangenen zuzuwenden ist. An der Seelsorge nehmen jedenfalls die im 
schulpflichtigen Alter stehenden Gefangenen Theil. Im Uebrigen ist die Theilnahme an 
der Seelsorge eine freiwillige. 
Hinsichtlich der Ausübung der Seelsorge gegenüber sämmtlichen Untersuchungs- 
gefangenen steht dem Richter die Befugniß zu, die durch den Zweck der Untersuchungshaft 
gebotenen Beschränkungen zu verfügen. 
Die gleiche Befugniß hat der Gefängnißvorstand allgemein, soweit es die Ordnung 
im Gefängniß erfordert.
	        
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