Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1894. (71)

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des §. 81 der Strafprozeßordnung ergangen ist, sowie bei der Aufnahme geistes- 
kranker Strafgefangenen. Bei diesen Personen sind auch die in Ziffer 1 und 2 
bezeichneten Nachweise und im Falle des §. 81 der Strafprozeßordnung überdies 
der in Ziff. 3 bezeichnete Nachweis nicht erforderlich. 
KS. 16. 
I. Im Fall des Widerspruchs der in §. 15 Ziff. 4 erwähnten Personen kann ein 
Kranker durch Verfügung der Regierung des Kreises, in welchem er seinen Wohnsitz 
oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt hat, in eine Staatsirrenanstalt 
eingewiesen werden, wenn er 
1) für sich oder andere gefährlich oder für die öffentliche Sittlichkeit anstößig ist oder 
2) in einem Zustand der Pflegebedürftigkeit sich befindet, der zur Folge hat, daß 
er außerhalb einer Irrenanstalt verwahrlost oder gefährdet wird. 
Hinsichtlich des Zutreffens der einen dieser beiden Voraussetzungen muß ein ein- 
gehendes, auf hinreichende persönliche Beobachtung gestütztes Gutachten des Oberamts- 
arztes vorliegen, welches der Vorschrift, betreffend die ärztlichen Berichte über die in 
die Irrenanstalten aufzunehmenden Geisteskranken (Reg. Blatt von 1875 S. 94 ff.), 
entspricht. 
Außerdem sind die in §. 15 Ziff. 1—3 aufgeführten Nachweise, insbesondere, wenn 
der Kranke noch durch einen anderen Arzt als den Oberamtsarzt untersucht oder behan- 
delt worden ist, auch ein Zeugniß dieses Arztes beizubringen. Das vom Gemeinderath 
abzugebende Zeugniß (§. 15 Ziff. 2) hat sich auf die Frage der Gefährlichkeit oder 
Pflegebedürftigkeit und die Thatsachen, auf welche sich die Annahme einer solchen stützt, 
zu erstrecken, auch hat sich der Gemeinderath darüber auszusprechen, ob nicht und zu- 
treffendenfalls in welcher Weise der Kranke außerhalb einer Irrenanstalt untergebracht 
werden kann. 
Im übrigen hat die Kreisregierung allen etwa sonst noch angezeigten Beweis, 
namentlich bezüglich der die Gefährlichkeit oder Pflegebedürftigkeit des Kranken begrün- 
denden Thatsachen zu erheben, auch geeignetenfalls eine Aeußerung der Direktion der 
Staatsirrenanstalt, in welcher der Kranke untergebracht werden soll, einzuholen. 
Vor der Entscheidung ist den widersprechenden Angehörigen des Kranken Gelegenheit 
zu einer Aeußerung unter Mittheilung der erhobenen Beweise zu geben. Auch kann die
	        
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