Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1894. (71)

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g. 2. 
Zur Aufnahme einer Person in eine Privatirrenanstalt sind folgende Nachweise 
erforderlich: 
1) ein Geburts= oder Taufschein derselben; 
2) ein Zeugniß des Gemeinderaths, bei Nichtwürttembergern der Ortspolizeibehörde 
des bisherigen Wohnorts des Kranken über den Stand und die Familienver- 
hältnisse des Aufzunehmenden und über die Thatsache des gestörten Geistes- 
zustandes desselben. In durchaus unbedenklichen Fällen kann durch das Medi- 
zinalkollegium die Beibringung dieses Zeugnisses nachgelassen werden; 
3) die auf persönlicher Untersuchung beruhende Beurkundung und Beschreibung der 
Geistesstörung, ihrer Art und bisherigen Dauer durch einen approbirten deutschen 
Arzt, und zwar, wenn der Kranke in ärztlicher Behandlung gestanden ist, durch 
denjenigen Arzt, welcher die Behandlung geleitet hat. Zeugnisse von Aerzten, 
die nicht im öffentlichen Dienste stehen und die dem Inhaber oder Leiter der 
Anstalt unbekannt sind, müssen von dem zuständigen Oberamtsarzt (Kreis- 
physikus rc.) bestätigt sein. 
Wird ein der erforderlichen Bestätigung entbehrendes Zeugniß eines deutschen 
Arztes vorgelegt, oder wird für einen bisher in einer außerdeutschen Irrenanstalt 
untergebrachten Kranken ein Zeugniß des ärztlichen Vorstands dieser Anstalt 
beigebracht, so kann die Aufnahme nur dann stattfinden, wenn die Thatsache der 
Geistesstörung aus dem Verhalten der aufzunehmenden Person unzweifelhaft her- 
vorgeht und die Aufnahme unter sonst unverdächtigen Umständen nachgesucht 
wird. In Fällen dieser Art hat sich jedoch der Oberamtsarzt, welcher in der 
ihm nach §. 1 zu erstattenden Anzeige hierauf besonders aufmerksam zu machen 
ist, innerhalb acht Tagen nach der Anzeige durch persönliche, nöthigenfalls zu 
wiederholende Untersuchung des Kranken von dem Vorhandensein einer Geistes- 
krankheit bei demselben Ueberzeugung zu verschaffen. Im lbrigen bleibt es dem 
Oberamtsarzte anheimgestellt, neu aufgenommene Kranke nach erhaltener Anzeige 
von ihrem Eintritt in die Anstalt persönlich zu untersuchen, wenn ihm deren 
Aufnahme nicht anstandslos zu sein scheint. 
Die ärztlichen Zeugnisse sollen den Vorschriften, betreffend die ärztlichen
	        
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