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Kenntniß zu setzen, falls nicht angenommen werden muß, daß der Vormundschaftsbehörde
die Geisteskrankheit bereits bekannt ist.
3) Seitens der betheiligten Behörden ist übrigens darauf Bedacht zu nehmen, daß
überflüssige, verfrühte oder ungeeignete, insbesondere eine beginnende Genesung störende
Entmündigungsanträge vermieden werden.
Bei unheilbaren Geisteskranken, welche sich im Zustande vorgeschrittener Verblödung
befinden und kein Vermögen besitzen, wird für die Regel, insbesondere solange nicht die
Aufstellung eines Vertreters aus irgend einem Grunde z. B. zur Vornahme einer Rechts-
handlung erforderlich ist, eine Entmündigung überhaupt unterbleiben können. Letzteres
wird auch dann der Fall sein, wenn der Kranke bereits einen gesetzlichen Vertreter, wie
z. B. eine geisteskranke Ehefrau in der Person ihres Ehemanns hat, welcher die Inter-
essen des Kranken entsprechend wahrnimmt.
Aber auch abgesehen hievon wird nicht jede leichtere geistige Störung sofort die Ein-
leitung eines Entmündigungsverfahrens rechtfertigen. Stets wird mit besonderer Vor-
sicht vorgegangen werden müssen, solange noch Aussicht auf Heilung oder wesentliche
Besserung vorhanden ist. Die verfrühte Durchführung eines Entmündigungsverfahrens
kann, ganz abgesehen von dem Kostenpunkt, den Kranken nach eingetretener Genesung
in seiner beruflichen und gesellschaftlichen Stellung empfindlich schädigen, wie auch unter
Umständen die mit dem Entmündigungsverfahren verknüpfte amtliche Untersuchung in
das Heilverfahren schädigend eingreifen würde.
Auch wird darauf hingewiesen, daß einem Entmündigungsantrag des Ehegatten
oder eines Verwandten im Zweifel der Vorzug vor dem Entmündigungsantrage der
Staatsanwaltschaft zu geben ist, und daß den Vormundschaftsbehörden und Staats-
anwaltschaften anheimgestellt wird, zunächst mit den in §. 595 Abs. 1 der Civilprozeß-
ordnung genannten Personen wegen der etwaigen Stellung eines Entmündigungsantrags
in Verbindung zu treten.
4) Die Amtsgerichte werden beauftragt, die ihnen unterstellten Vormundschafts-
behörden in Absicht auf die Erfüllung der ihnen nach Maßgabe der Ziff. 1—3 obliegenden
Pflichten zu überwachen.
5) Bezüglich des Zustandes der in Staats= und Privatirrenanstalten untergebrachten
Personen sind die Vorstände dieser Anstalten angewiesen, den Vormundschaftsbehörden