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Art. 22.
Die Bestimmungen der Art. 9, 10, 12 bis 14, 19 und 20 des gegenwärtigen
Gesetzes finden auch auf diejenigen Fälle, in welchen gemäß §. 56 Abs. 2 des Straf-
gesetzbuchs der Angeschuldigte in eine Erziehungs= oder Besserungsanstalt gebracht werden
soll, entsprechende Anwendung, soweit sich aus §. 56 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs nicht
ein Anderes ergibt. Jedoch bleiben die Ortsarmenverbände vom Kostenersatz befreit.
Das Urtheil des Strafgerichts tritt an die Stelle des Beschlusses des Vormund-
schaftsgerichts.
Bei solchen unter Abs. 1 fallenden Personen, welche vor dem 1. Jannar 1900 in
eine Erziehungs= oder Besserungsanstalt gebracht worden sind, bleibt der nach den Be-
stimmungen des Art. 287 des Gesetzes vom 17. April 1873 zur Tragung der Kosten
verpflichtete Landarmenverband hiezu auch fernerhin verbunden; dem Ausschuß der be-
treffenden Landarmenbehörde kommt die Durchführung der Zwangserziehung zu.
Art. 23.
Mit Geldstrafe bis zu 150 M. oder mit Haft wird bestraft, wer eine auf Grund
gesetzlicher Bestimmungen zur Zwangserziehung in einer Familie oder in einer Anstalt
untergebrachte Person unbefugt aus der Familie oder der Anstalt entfernt oder zum
Verlassen der Familie oder der Anstalt verleitct.
Art. 24.
Dieses Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1900 in Kreaft.
Mit demselben Zeitpunkt treten Art. 12 des Polizeistrafgesetzes vom 27. Dezem-
ber 1871 (Reg. Blatt S. 391) und Art. 28 des Gesetzes vom 17. April 1873 (Reg.=
Blatt S. 109) — letzterer vorbehältlich der Bestimmung in Art. 22 Abs. 2 des gegen-
wärtigen Gesetzes — außer Kraft.
In Art. 21 Abs. 1 des Gesetzes vom 17. April 1873 kommen die Worte: „für
verwahrloste Kinder (Art. 12 des Gesetzes vom 27. Dezember 1871, betreffend Aender-
ungen des Polizeistrafrechts)“ und in Art. 13 des Gesetzes vom 2. Juli 1889 (Reg.=