Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1902. (79)

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1. Der Milzbrand. 
Der Verlauf und die Krankheitserscheinungen sind verschieden. Schafe sterben gewöhnlich plötzlich, 
ohne daß man vorher an ihnen erheblichere Krankheitserscheinungen bemerkt hat. Bei Rindern dauert 
die Krankheit gewöhnlich mehrere Stunden bis zwei Tage. Sie zeigen ohne nachweisbare Ursache Un- 
ruhe, Aufregung oder Abstumpfung, Muskelzittern, hohes Fieber, Athembeschwerden, gesträubtes Haar, 
mangelnde Freßlust, Störung des Wiederkäuens, leichtes Aufblähen; die Ausflüsse aus den natürlichen 
Körperöffnungen können mit geringen Mengen Blut vermischt sein. In manchen Fällen findet man schnell 
wachsende Anschwellungen oder umschriebene Knoten an der Körperoberfläche; die letzteren sind anfänglich 
heiß und schmerzhaft, später kalt und schmerzlos. 
Das Blut ist dunkelroth, theerartig. Das Muskelfleisch kann dunkelroth gefärbt, weich und mit 
Blutungen durchsetzt sein. Unter der Haut finden sich gelbe, sulzige Massen, gelbe, wässerige Flüssigkeit 
oder rothsulzige Einlagerungen. Die Milz ist in den meisten Fällen gleichmäßig oder beulig stark ge- 
schwollen, schwarzroth, weich, auf der Schnittfläche entleert sich theerartiges Blut. Unter den serösen 
Häuten und in der nicht selten entzündeten Darmschleimhaut machen sich häufig Blutpunkte bemerkbar. 
Beim Schweine ist das gesammte Bindegewebe am Halse wässerig-blutig durchtränkt. 
In vielen Fällen sind die erwähnten Kennzeichen der Krankheit nur undeutlich vorhanden oder 
es fehlen manche derselben. Als der Milzbrandkrankheit besonders verdächtig haben zu gelten alle Rinder, 
deren Milz geschwollen und erweicht ist, welche blutigen Durchfall hatten und bei denen die Darmschleim- 
haut geschwollen, mit Blutpunkten oder Blutstreifen besetzt ist und ein chokoladenfarbener bis schwarzrother, 
blutiger Darminhalt gefunden wird. 
Auf Milzbrand ist namentlich zu achten bei Rindern, Schafen und Ziegen (§. 8). Die Schlachtung 
ist zu verbieten (§. 9). Der Polizeibehörde ist Anzeige zu erstatten (8§. 14, 32). Die Fleischbeschau bleibt 
dem Thierarzte vorbehalten (§. 31). Der Beschauer hat Hände und Arme gründlich zu reinigen und zu 
desinfiziren (§. 16); vergl. auch Anhang Nr. 2. Diese Schutzmaßregel ist überhaupt allen beim Schlachten 
behilflich gewesenen Personen dringend zu empfehlen. Personen, welche Wunden an den Händen haben, 
sollten, auch wenn die Verletzungen nur unbedeutend sind, ohne Verzug die Hilfe des Arztes in Anspruch 
nehmen. Die Gefahr der Uebertragung des Milzbrandes von Thier auf Mensch beim Abhäuten und 
Zerlegen von Thieren ist sehr groß; der Milzbrand ist auch beim Menschen eine schwere, oft tödtliche 
Krankheit. 
2. Rauschbrand. 
Für diese Krankheit sind fast ausschließlich die Rinder (zwischen 1 und 4 Jahren) empfänglich; 
in seltenen Fällen wird sie bei Schafen und nur ganz ausnahmsweise bei anderen Thierarten beobachtet. 
Die Krankheit endet fast immer nach 1¼ bis 3 Tagen tödtlich. 
Bei der Lebendbeschau sallen die große Abstumpfung der Thiere in Folge hohen Fiebers 
sowie flache, teigige, beim Ueberstreichen knisternde („rauschende"), sich rasch ausbreitende Anschwellungen 
besonders an den Oberschenkeln, am Halse, an den Schultern sowie an der Unterbrust und in der Rücken- 
und Kreuzgegend auf. 
Bei der Untersuchung des geschlachteten Thieres findet man an der Stelle der Anschwellungen 
das Bindegewebe der Unterhaut sowie zwischen und in den Muskeln mit Gasblasen und Blut durchsetzt
	        
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