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Anlage.
Verordnung deß Zustizministers vom 19. Oktober 1904, wemit Bestimmungen zur Herstellung der
Gegenseitigkeit gegenüber dem) Deutschen Reiche in Betreff der Vollstreckung der dort errichteten
Akte und Urkunden getroffen werden.
Im Deutschen Reiche wird von den Gerichten die Anerkennung des Urteils eines österreichischen
Gerichtes wegen nicht gehöriger Zustellung der den Prozeß einleitenden Verfügung nicht nur in den
durch § 328 Ziff. 2 der deutschen Civilprozeßordnung normierten Fällen, sondern stets auch dann
ausgeschlossen, wenn die Zustellung nicht, wie es der § 80 Ziff. 2 der österreichischen Exekutions-=
ordnung vorsieht, zu eigenen Handen erfolgt ist.
Die Kaiserlich deutsche Regierung hat erklärt, daß die deutschen Gerichte keinen Grund
haben werden, auf der Fortsetzung dieser Praxis zu bestehen, sobald von der K. K. Regierung die
Erklärung abgegeben werden wird, daß die österreichischen Gerichte bei Prüfung der Voraussetzungen
für die Vollstreckbarkeit von Akten und Urkunden, die im Deutschen Reiche errichtet wurden, über die
Erfordernisse des § 328 Ziff. 2 der deutschen Civilprozeßordnung nicht hinausgehen werden.
Demzufolge wird zur Herstellung vollkommener Gegenseitigkeit gegenüber den Bestimmungen
des § 328 Ziff. 2 der deutschen Civilprozeßordnung gemäß § 84 E. O. folgendes angeordnet:
Bei der Entscheidung über Exekutionsanträge, die sich auf Erkenntnisse deutscher Gerichte
oder auf vor diesen abgeschlossene Vergleiche gründen, hat der § 80 Ziff. 2 der Exekutionsordnung
keine Anwendung zu finden. Wegen Mangelhaftigkeit des Vorganges bei Zustellung der den Prozeß
einleitenden Verfügungen kann die Exekution nur unter solchen Voraussetzungen abgelehnt werden,
unter denen gemäß § 328 Ziff. 2 der deutschen Civilprozeßordnung die Anerkennung eines öster-
reichischen Urteiles im Deutschen Reiche ausgeschlossen ist.
Die einschlägigen Bestimmungen des § 328 der deutschen Civilprozeßordnung lauten:
Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen:
1) rc. ⁊c. 2c.
2) wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht ein-
gelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in
dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe
zugestellt ist;
tc. 2c. .
Diese Verordnung tritt am 1. November 1904 in Ergänzung der Verordnung des Justiz--
ministers vom 21. Dezember 1899, Reichs-Gesetzbl. Nr. 253, in Wirksamkeit.