Full text: Regierungsblatt für das Königreich Württemberg vom Jahr 1906. (83)

8 8. 
Die Besitzer landwirtschaftlicher Betriebe in den Oberamtsbezirken Leutkirch, Ravensburg, Tettnang, Waldsee und Wangen 
dürfen mit oberamtlicher Erlaubnis Rindvieh 1 Nutz= oder Zuchtzwecken, das der grauen Montafuner Rasse angehört, aus Tirol 
nördlich des Hochkamms der Alpen und aus Vorarlberg bis auf weiteres zum Gebrauch in der eigenen Wirtschaft einführen. 
89. 
Es darf jedoch nur Vieh eingesuhet werden, das 
1) unmittelbar vor seiner Einfuhr nach Württemberg 30 Tage lang an einem seuchenfreien Orte innerhalb der in 8 8 be- 
zeichneten österreichischen Grenzgebiete gestanden hat, und 
2) dazu dient, den dringenden dauernden Wirtschaftsbedarf des Einführenden zu decken. 
§ 10. 
Der Wirtschaftsbedarf (§ 9 Ziff. 2) richtet sich nach der Größe und Art des Wirtschaftsbetriebs. Durch Abzug der Zahl 
der bereits in der Wirtschaft vorhandenen Tiere vom Wirtschaftsbedarf ergibt sich die Zahl der Tiere, die eingeführt werden kann. In 
der Regel soll sie in einem Jahre nicht mehr als ½ des Viehbestandes betragen. Jedoch dürfen von einem Wirtschaftsbesiger in einem 
Kalenderjahre nicht mehr als 20 Stück eingeführt werden. 
Die zum ermäßigten Bellate von 30 & für das Stück in die Grenzbezirke eingeführten 2½—5 jährigen Arbeitsochsen (Zoll- 
larif Nr. 103, 2) sind in die Zahl der nach Abs. 1 einzuführenden Tiere einzurechnen. 
§ 11. 
Gesuche um Erteilung der Erlaubnis zur Einführung von Nutz= oder Zuchtvieh sind seitens der Wirtschaftsbesitzer bei dem 
Ortsvorsteher einzureichen und von diesem unter Ausfüllung des anliegenden Vordrucks dem Oberamt zur Entscheidung vorzulegen. 
Dieses setzt, erforderlichenfalls nach Anstellung weiterer Ermittelungen, fest, wieviel Tiere die Wirtschaft gebraucht, und bestimmt, 
ob und wieviel! Tiere eingeführt werden dürsen. 
Gemäß dieser Bestimmung erteilt das Oberamt den Wirtschaftsbesitzern einen Vieheinfuhr-Erlaubnisschein und stellt diesen 
dem Ortsvorsteher zur Aushändigung an den Antragsteller zu. 
Bei der Aushändigung des Erlaubnisscheins ist der Wirtschaftsbesitzer auf die bei und nach der Einfuhr zu beobachtenden 
Bestimmungen hinzuweisen. 
§ 12. 
Die Einfuhr darf nur über Friedrichshafen zu den von der Hafendirektion bestimmten Zeiten erfolgen. Doch wird bis auf 
weiteres auch die Einfuhr über die bayerische Eintrittsstation Lindau bei Beachtung der für diese vorgeschriebenen Bestimmungen zugelassen 
8 13. 
Der Einführende hat an der Eintrittsstation den Erlaubnisschein (§ 11) und für jedes Stück Rindvieh einen Viehpaß vorzu- 
legen. Der Viehpaß hat außer den sonst für Viehpässe allgemein vorgeschriebenen Eintragungen (Art. 2 des Viehseuchenübereinkommens) 
die amtliche Bescheinigung zu enthalten, daß das einzuführende Tier unmittelbar vor seinem Abtriebe mindestens 30 Tage lang an 
einem seuchenfreien Orte innerhalb des österreichischen Grenzgebiets gestanden hat (vergl. § 2 Abs. 1 Nr. 2). 
§ 14. 
Der Grenztierarzt prüft die vorgelegten Papiere und untersucht die eingeführten Tiere auf ihre Identität mit den in den 
Viehpässen aufgeführten Viehstücken, auf Rasse und Gesundheitszustand. Die in Eisenbahnwagen ankommenden Tiere sind auszuladen. 
Ist auch nur bei einem Tiere eines Transports die Identität oder die Rasse zweiselhatt. oder wird der Viehpaß oder die 
Bescheinigung (§ 13) nicht vorschriftsmäßig vorgelegt, so ist unbeschadet der zur Abwehr einer Seuchengefahr erforderlichen weiter- 
gehenden Maßnahmen in der Regel der ganze Transport zurückzuweisen. 
15. 
Wird die Einfuhr gestattet, so sind die Tiere an der Eintrittsstation mittels Anbringung einer Marke am linken Ohr, auf 
welcher die Eintrittsstation und die Zeit des Grenzübertritts deutlich erkennbar sein müssen, zu kennzeichnen. 
§ 16. 
An der Eintrittsstation ist auf dem Erlaubnisscheine, der in den Händen des Einführenden verbleibt, die Zahl der eingeführten 
Tiere und das Ergebnis der tierärztlichen Untersuchung zu vermerken. 
§ 17. 
Das eingebrachte Vieh ist von der Grenze unverzüglich und auf dem kürzesten Wege nach seinem Bestimmungsorte zu bringen 
Der Abgang von der Grenze ist vom Grenztierarzte dem Ortsvorsteher des Bestimmungsorts anzuzeigen. 
Auf dem Wege vom Eintrittsorte nach dem Bestimmungsorte darf den eingeführten Tieren die zur Erholung nötige Ruhe und. 
wenn größere Entfernungen zurückgelegt werden müssen, auch das Ubernachten in einem nicht mit Hornvieh besetzten Gehäöfte gestattet 
werden. Der Wirtschaftsbesitzer hat die Ankunft des Viehes binnen 3 Tagen dem Ortsvorsteher unter Vorlage des Einfuhrerlaubnis- 
scheines anzuzeigen. Die erfolgte Anzeige ist auf dem Erlaubnisscheine zu bestätigen. Nach gemachtem Gebrauch ist der Erlaubnisschein 
dem Ortsvorsteher zu übergeben, welcher ihn in der Gemeinderegistratur aufzubewahren hat. Eine neue Erlaubnis wird nur erteilt. 
wenn der frühere Erlaubnisschein vorschriftsmäßig abgegeben worden ist. 
8 18. 
Die Einfuhr darf durch Mittelspersonen nur dann bewirkt werden, wenn dabei ein Mißbrauch der Einfuhrerlaubnis ausge- 
schlossen ist. 8 10 
Das eingeführte Vieh darf 30 Tage lang nach seinem Eintreffen am Bestimmungsorte weder veräußert noch aus dem Flug- 
bereiche des Bestimmungsortes entfernt werden und ist von der Berührung mit dem Viehe anderer Gehöfte fernzuhalten (Standfrift!. 
Die Benutzung des eingeführten Viehes zu Gespanndiensten in den benachbarten Ortsmarkungen, sowie der Wechsel des Weide- 
platzes mit solchem Vieh ist jedoch auch während der Standfrist gestattet. 
8 20. 
Die Oberämter haben Wirtschaftsbesitzern, die das eingeführte Vieh nur so lange, als dies zur Innehaltung der Vorschriften 
im § 19 nötig ist, behalten, um es dann im Inlande zu veräußern, die Erteilung weiterer Erlaubnisscheine zu versagen. Auch kann 
in diesem Falle der bereits erteilte Erlaubnisschein zurückgenommen werden. 
8 21. 
Die Polizeibehörden haben sorgfältig über die Beobachtung der vorstehenden Bestimmungen zu wachen und sich von ihrer Ein- 
##llung durch gelegentliche Revisionen zu überzeugen. Zuwiderhandlungen sind behufs weiterer Verfolgung zur Anzeige zu bringen.
	        
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