Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Der Weg zur Krügerdepesche. 69 
  
Eine Volksabstimmung wurde arrangiert, ein paar tausend Buren stimm- 
ten für Einverleibung in das Britische Reich, die anderen verweigerten 
ihre Unterschrift. So galten die abgegebenen Stimmen, und die Trans- 
vaalrepublik wurde im Frühjahre 1877 als Teil des Britischen Reiches 
erklärt. Bier Zahre später, 1881, hatte man sich gesammelt und war 
entschlossen, das von England erschlichene Ergebnis: den Berlust der 
burischen Unabhängigkeit, wieder rückgängig zu machen. Man wählte 
das einfachste und nachdrücklichste Mittel: die GEewalt. In dem Gefechte 
bei Majuba Hill wurde die englische Truppe von den Buren zum Teil 
gefangen, zum Teil in die Flucht geschlagen; die Buren hatten beinahe 
gar keine Verluste. Sie waren nach der englischen Uberlistung während 
der letzten drei Jahre in sich geeinigt und politisch gefestigt worden, sie 
hatten begriffen, daß die alten Zeiten ungestörter Behaglichkeit vorbei 
waren, daß sie genötigt waren, nicht nur einig und wehrhaft zu sein, 
sondern auch Politik zu treiben, wenn sie selbständig bleiben wollten. 
Großbritannien legte diesen Mißerfolg einstweilen zu den Akten 
und schloß im gleichen Zahre 1881 einen Bertrag mit den Buren. Dieser 
Vertrag billigte der Transvaalrepublik die bedingte Unabhängigkeit, näm- 
lich die Suzeränität der Königin von England zu. Die Buren, vor allem 
ihr erster Mann und von 1883 an ihr dauernder Präsident, Krüger, konn- 
ten in diesem Vertrage nur den Anfang gänzlicher Abhängigkeit erblicken. 
Krüger erlangte 1884 einen anderen Vertrag, der die Unabhängigkeit 
der Republik nunmehr voll anerkannte, mit der einzigen Ausnahme, 
daß, wie der nachher so viel besprochene Artikel 4 des Vertrages fest- 
setzte, die Transvaalrepublik Bündnisse mit anderen Staaten und Mächten 
— abgesehen von dem benachbarten Oranjefreistaat — nur eingehen 
dürfe, wenn die Königin von England bzw. deren Regierung sechs Monate 
nach Bekanntwerden des Entwurfes keinen Einspruch dagegen erboben 
hätten. Diese Bestimmung bezog sich auch auf Berträge und Abkommen. 
Wahrscheinlich betrachtete der Präsident Krüger auch diesen Vertrag nur 
als Vorstufe zu völliger Abhängigkeit. Darauf ließ auch seine Reise nach 
Berlin im Jahre 1884 schon schließen. 
Damals wurde er in Berlin vom Kaiser Wilhelm I. und dem Fürsten 
Biemarck mit ausgesuchter Freundlichkeit empfangen, aber man ging 
keinerlei feste Beziehung mit ihm ein, obgleich Krüger in seiner bekannten 
Redewendung offen darauf anspielte: Wenn es einem Kind schlecht gehe, 
sehe es sich um Beistand um, und so bäte er, daß Kaiser Wilhelm auch 
den Buren helfe, wenn es ihnen einmal schlecht geben sollte! — Oiese 
Anregung wurde mit Schweigen, also nicht einmal mit einer verbind- 
lichen Gegenredewendung beantwortet. Der Gedanke, von dem Krüger 
ausging, war zweifellos nicht der rassenhafter Zusammengehörigkeit
	        
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