Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

70 2. Abschnitt. Weltpolitische Mühen ohne zurelchende Mittel. 1895—1903. 
zwischen Buren und DOeutschen, sondern der Hinblick auf die deutsche 
Kolonialpolitik und deren mutmaßliche Ziele im südlichen Afrika. Das 
begriff man in England bald genug und begann nun folgerichtig in ver- 
steckter Gemeinschaft mit der britisch-afrikanischen Gesellschaft (Chartered 
Company) unter Cecil Rhodes die Burenrepubliken geographisch nach 
allen Seiten zu isolieren. 
Bald sahen sich die Buren auf allen Seiten eingeengt. Uber die Ab- 
sichten Großbritanniens waren sie schon lange nicht mehr im Zweifel. 
Dann kam das Ereignis 1894, dessen wir bereits gedachten, und in diesem 
Augenblicke war den Engländern klar, daß wenig Zeit zu verlieren sei. 
Rhodes verfolgte mit seiner rücksichtslosen Energie den Zusammenschluß 
Südafrikas und stieß dabei auf den Widerstand Transvaals. Rhodes 
war das deutsche Südwestafrika dabei ein unangenehmes Element; er 
erklärte öffentlich, jenes Gebiet könne ihm gar nicht gefallen, die Deut- 
schen würden auch einmal einsehen, daß es für sie wertlos sei, weil der 
einzige brauchbare Hafen, die Walfischbucht, englisch sei, und sich dieses 
Gebietes entledigen. Die Ziele Rhodes' waren von vornherein klar: er 
verschleierte sie nicht. 
Der Goldreichtum Transvaals lockte massenhafte Einwanderung ins 
Land, hauptsächlich Briten. Ihnen standen nach den Verträgen keine 
politischen Rechte zu, jedoch mußten sie Steuern zahlen. Den Buren er- 
schien das Stimmrecht für diese Leute ausgeschlossen, weil ihre Zahl 
wuchs, also die Gefahr vorlag, daß eines Tages der englische Einfluß auf 
diese Weise die Republik beherrschen würde. Die — durchweg englischen — 
Ausländer in Transvaal bildeten einen sogenannten Nationalverein und 
stellten diese Organisation in den Dienst der Agitation für Erlangung des 
Bürgerrechtes. Dabei verweigerten sie Kriegödienst, wenn es sich um 
NR#eder, werfung von Kaffernaufständen oder ähnliches handelte. Die Stoß- 
kraft des Bereins erschien besonders gefährlich, weil Rhodes mit seiner 
Macht, zumal seinem Gelde, dahinter stand und nicht minder die bri- 
tische Regierung, vertreten durch den Kolonialsekretär Mr. Chamberlain. 
Die Besorgnis der Burenführer stieg immer mehr. Die Blicke des Präsi- 
denten Krüger hatten sich schon lange auf das Deutsche Reich gerichtet, 
und Anfang des Jahres 1895 glaubte er den Augenblick gekommen, öffent- 
lich die Erwartung anzudeuten: das Oeutsche Reich werde unter Um- 
ständen tatkräftig eingreifen. Alles Deutsche war damals populär in der 
Burenrepublik, vieles war auch geschehen, um das Interesse des Deutschen 
Reiches für die Burenstaaten zum Auedruck zu bringen. Die deutsche 
Aktion in der Delagoabai Herbst 1894 hatte die Zuversicht der Buren noch 
bestärkt. Zu einer bedeutsamen Kundgebung kam es am 27. Januar 1895, 
dem Geburtstage des Deutschen Kaisers. Oie burischen Behörden be-
	        
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