Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Oer Weg zur Krügerdepesche. 75 
  
Die Gefangennahme ZJamesons mit seinen Leuten erregte unge- 
heures Aufsehen. Die englische Presse mißbilligte notgedrungen den Ja- 
mesonschen Einfall, das gleiche tat die britisch-südafrikanische Gesellschaft, 
obgleich Rhodes nicht nur die treibende Kraft, sondern der Befehlshaber 
Zamesons gewesen war. Man rückte, teils mit mühsamer Entrüstung, 
teils mit verlegenen Ausflüchten, zu einem kleinen Teile auch mit auf- 
richtiger Mißbilligung, von Zameson ab. In den Beginn dieser Zeitungs- 
auseinandersetzungen traf am 3. Januar 1896 die folgende Oepesche des 
Deutschen Kaisers an den Präsidenten Krüger: 
„Ich spreche Ihnen meinen aufrichtigen Glückwunsch aus, daß es 
Ihnen, ohne an die Hilfe befreundeter Mächte zu appellieren, mit Zhrem 
Volke gelungen ist, in eigener Tatkraft gegenüber den bewaffneten Scharen, 
welche als Friedensstörer in Ihr Land eingebrochen sind, den Frieden 
wieder herzustellen und die Unabhängigkeit des Landes gegen Angriffe 
von außen zu wahren.“ 
Krüger antwortete: „Ich bezeuge Ew. Majestät meinen innigsten, 
tiefgefühlten Dank für Ew. Moajestät aufrichtige Glückwünsche. Mit Gottes 
Hilfe hoffen wir weiter alles Mögliche zu tun für die Beständigkeit unserer 
Republik."“ 
Das war das so viel besprochene und verurteilte Krüger-Telegramm 
des Kaisers. Es ist keine „impulsive“ Handlung des Kaisers gewesen, 
sondern nach Inhalt und Form vom Baron v. Marschall aufgesetzt worden. 
In seiner Gegenwart, ferner der des Geheimrates v. Holstein, des Staats- 
sekretärs des Reichs-Marine-Amtes Hollmann, des Admirals Knorr und 
des Marinekabinettschefs Freiherrn v. Senden-Bibran, wurde der Wort- 
laut der Depesche festgelegt. Der Staatssekretär v. Marschall ist der Uber- 
zeugung gewesen, daß eine Kundgebung der Stellungnahme des Deut- 
schen Reiche# zum Jameson-Einfall, in der Form einer kaiserlichen De- 
pesche, politisch notwendig sei. Diesem Rate hat sich der Deutsche Kaiser 
gefügt. 
Betrachten wir den Inhalt und die Form der Oepesche: 
Der Deutsche Kaiser spricht dem Präsidenten seinen Elückwunsch 
aus, daß es ihm und seinem Volke gelungen ist, den Frieden wieder her- 
zustellen und die Unabhängigkeit zu wahren, ohne an die Hilfe befreun- 
deter Mächte zu appellieren; dieses Argument wird durch die Worte 
„in eigener Tatkraft“ noch verstärkt. Darin lag die Versicherung nicht 
enthalten: wenn es den Buren nicht aus eigener Kraft gelungen wäre, 
wenn sie an Hilfe befreundeter Mächte appelliert hätten, so würde Deutsch- 
land den nötigen Beistand gewährt haben. Näherliegend erschien die 
Deutung: Der Präsident sei zu beglückwünschen, eben weil es aus eigener 
Kraft gelungen war, den Frieden herzustellen und die Unabhängigkeit
	        
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