Der Weg zur Krügerdepesche. 77
mung wurde am schlüssigsten charakterisiert durch einen vom Fürsten
Bismarck veranlaßten Artikel in den „Hamburger Nachrichten“, der die
folgenden Sätze enthielt:
„Die Politiker, die in der englischen Presse heute zu Worte kommen,
hatten sich die Sache offenbar so zurechtgelegt, daß sie mit heuchlerischer
Entrüstung den Flibustierzug nicht billigen konnten, aber die faktischen
Konsequenzen des Uberlaufens der Burenpolitik, auf das sie gerechnet
hatten, als unabänderliches Ergebnis akzeptierten. Das kaiserliche Tele-
gramm an den Präsidenten von Transvaal ist ihnen aber derartig uner-
wartet gekommen, daß sie die bis dahin getragene Maske vollständig ver-
gessen haben und plötzlich eine Sprache führen, als ob der räuberische
Überfall des Dr. Zameson eine amtliche Operation der englischen Regie-
rung gewesen wäre. Läge dieser Fall wirklich vor, so wäre allerdings
das kaiserliche Telegramm ein Schachzug gegen die englische Regierung
gewesen, so aber ist es doch nur eine Kundgebung gegen denselben ge-
walttätigen Bruch des Friedens durch Dr. Zameson, den bis dahin alle
englischen Autoritäten als ihnen vollständig fremd gemißbilligt haben.
Wir erinnern uns kaum eines Ereignisses in neuerer Zeit, in welchem
die Unehrlichkeit der englischen Presse in dieser Weise festgenagelt worden
wäre, wie in dem zornigen Ausbruch gegen das kaiserliche Telegramm,
durch welches der Oeutsche Kaiser doch, genau betrachtet, nur der sitt-
lichen Entrüstung der englischen Regierung über den Einbruch in Trans-
vaal den Beistand seiner europäischen Autorität leistete. Wir hätten also
aufrichtigerweise erwarten dürfen, daß die englische Presse dem Deut-
schen Kaiser ihren Dank votierte für den energischen Beistand, mit dem
er ihrer eigenen Entrüstung über diesen ruchlosen Näubereinbruch in
Transvaal Auê5druck gegeben hat.“
In einer Unterredung kurz darauf sagte Biomarck: „Das Telegramm
des Kaisers hätte dem Präsidenten Krüger mit Schicklichkeit und Anstand
von der englischen Regierung selbst geschickt werden können.“
In Großbritannien blieb es nicht bei den Worten, sondern man
rüstete unmittelbar sechs Kreuzer als fliegendes Geschwader aus, die nach
der Delagoabai gehen sollten. Die „Times“ schrieben dazu, man wolle
ein Geschwader zur Hand haben, sofort und überall da, wo Gefahr vor-
handen sei. Der Aufsatz schloß mit einer Andeutung auf die „Präten-
sionen“ des Deutschen Kaisers: „.unsere Verträge, wenn es ihm Ver-
gnügen mache, in Stücke zu reißen.“ Außerdem wurde ein Teil der Re-
serveflotte in Dienst gestellt, in Tag- und Nachtarbeit betrieb man die
Fertigstellung reparaturbedürftiger Schiffe, eine besondere Torpedo-
booteflottille wurde in den Kanal geschickt, kurz, man tat so, als ob ein
Krieg mit ODeutschland bevorstehe. Zur Erregung und zu dieser Auf-