Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

XIV Zur Einführung. 
der deutschen Diplomatie bei Ausbruch des ersten Balkankrieges zur Folge 
haben. 
Die Kritiken und die Angriffe, welchen die mit der dritten Auflage 
erfolgte Umarbeitung des zweiten Teiles der Schrift ausgesetzt gewesen 
ist, müssen in diesem Zusammenhange erwähnt werden. Sie gipfeln 
in dem Vorwurf, der Verfasser habe durch seine Umarbeitung eine dem 
Historiker übel anstehende Methode beobachtet. Aus einer historischen 
Harlegung sei eine politische Tendenzschrift, „ein Leitartikel“ geworden, 
und auch die Tendenz sei überaus verwerflich, weil sie sich einerseits gegen 
England, anderseits gegen die Führung der auswärtigen Politik des 
Heutschen Reiches richte. Eine Abhandlung: „Graf Reventlow als Ge- 
schichtschreiber", erschien zunächst in den „Preußischen Jahrbüchern“, 
wurde dann als Sonderdruck zu Hunderttausenden in den Kreisen der 
Gebildeten in Deutschland verbreitet mit dem Zwecke, die Schrift „Deutsch- 
lands auswärtige Politik 1888 bis 1914" nach Möglichkeit zu diskreditieren 
und den Berfasser sozusagen „unmöglich" zu machen. Der Verfasser 
des Pamphlets ist Dr. Beit Balentin, damals außerordentlicher Professor 
an der Universität Freiburg. Aicht lange nachher ist ihm infolge seines 
Verhaltens vor und in einem Beleidigungsprozesse die Venia legendi 
entzogen worden. Dr. Balentin war am Auswärtigen Amte zu Berlin 
beschäftigt und hat, wie widerspruchslos versichert worden ist, die Aufgabe 
gehabt, die Politik der deutschen Regierung vor dem Kriege zu recht- 
fertigen und zu verteidigen, ihre Gegner anzugreifen und womöglich 
bloßzustellen. In welchem Tone das Pamphlet Valentins gehalten war, 
ist deshalb von Interesse, und es wäre schade, wenn dieses Dokument 
in Vergessenheit geraten sollte. Die Schlußsätze mögen deshalb bier 
Platz finden: 
„Die schriftstellerischen Mittel, mit denen er (Reventlow) sein Buch 
umgearbeitet hat, sind zum Teil sehr bedenklich und mit der heiligen Pflicht 
eines Geschichtschreibers unvereinbar. Aus diesem Buche, so wie es heute 
vorliegt, läßt sich kein auch nur einigermaßen zutreffendes Bild der Ver- 
gangenheit gewinnen. Es ist den im Vorwort zur ersten Auflage ent- 
wickelten Prinzipien untreu geworden und stellt nur noch eine sostematische 
Zrreführung dar; es ist ein krasser Fall von bistoriographischer Demagogie. 
Die Beispiele, die wir angeführt haben, beweisen diese Tatsache mit aller 
nötigen Exaktheit. Wir lehnen also vom Standpunkte des Historikers 
diese rein auf die Tagesfragen und Tageskämpfe eingestellte, durch und 
durch tendenziöse Darstellung unserer auswärtigen Politik ab und können 
nicht umhin, sowohl vor diesem Buche wie vor seinem Autor mit allem 
Nachdruck und dem vollen Bewußtsein der Schwere dieser Vorwürfe 
öffentlich zu warnen.“
	        
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