Oeutschland und England während des Burenkrieges. 141
Chamberlain erklärte: die englische Regierung zeige eine Geduld, wie sie
noch niemals von einer souveränen Macht ihrem Vasallen gegenüber be-
wiesen worden sei. In Krügers Hand liege die Entscheidung über Krieg
und Frieden. Oiese drohende Lage könne nicht lange dauern, denn die
britische Regierung müsse sonst Schritte tun, um endgültig die englische
Vorherrschaft in Südafrika herzustellen. Im Juli beschloß der Volksraad
ein wesentlich entgegenkommendes neues Wahlgesetz für die Ausländer,
lehnte aber das Ersuchen der englischen Regierung ab, das Wahlgesetz
nicht zur Anwendung zu bringen, ehe die britische Regierung es geprüft
habe. ODie Erregung in Transvaal wuchs von Tag zu Tag. Am 20. Auguft
hielt Krüger in der Kirche zu Pretoria ein Gebet: Gott möge für den Fall,
daß der Krieg unvermeidlich werden sollte, das Recht und die Wahrheit
auf der Seite der Buren finden. —
Die Regierung von Transvaal bedauerte Anfang September in einer
Note die ablehnende Haltung der britischen Regierung, sie hoffe auf
freundliche Verständigung, befände sich aber in ihrer Auffassung über
die englische Oberhoheit auf ihrem alten Standpunkte. Die Antwort der
englischen Regierung besagte, daß sie nur Vorschläge annehmen könne,
wenn die Regierung von CTransvaal sich in dieser Sache anders stellte
und wenn in der Aueländerfrage neue Zugeständnisse gemacht würden.
Das eilige Zusammenziehen englischer Truppenmengen an den Grenzen
Transvaals nahm inzwischen seinen Fortgang, und die Antwort Sir
A. Milners, daß die britischen Truppen nichts Besonderes zu bedeuten
hätten, alo wie immer die britischen Interessen zu schützen und gegen-
über Eventualitäten bereit zu sein, konnte die Buren nicht beruhigen.
Sie drängten ihre Regierung, Truppen an die Grenzen zu schicken. Krüger
erkannte, daß die Entscheidungsstunde gekommen sei und längeres Warten
die militärische Lage der Republiken nur verschlimmern könne. So er-
folgte am 10. Oktober das Ultimatum an den britischen Geschäftsträger
in Pretoria. Das Ultimatum verlangte: Beilegung der streitigen An-
gelegenheiten durch Schiedsspruch, Zurückziehung der britischen Truppen
von den Grenzen Transvaals, Wiedereinschiffung und Nücktransport
der seit dem 1. Juni 1899 nach Südafrika entsandten Verstärkungstruppen,
auch der noch nicht gelandeten. Bis zum 11. Oktober, 5 Uhr nachmittags,
wurde die Antwort der britischen Regierung verlangt. Sollte diese nicht
eintreffen oder nicht den Wünschen Transvaals entsprechend ausfallen,
so würde man es als Kriegserklärung betrachten und dementsprechend
handeln.
Die britische Regierung lehnte die burischen Forderungen ab, die
Feindseligkeiten begannen sofort. Der Oranjefreistaat schloß sich, wie
schon längst vorher vereinbart worden war, der Transvaalrepublik an.