Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

186 2. Abschnitt. Weltpolitische Mühen ohne zureichende Mittel. 1895—1903. 
  
Rußland auch tatsächlich mit der Räumung einiger Teile der Mandschurei 
und legte gleichzeitig Wert auf wiederholte Erklärungen, daß alle Staaten 
der Welt von dem russischen Bahnbau im fernen Osten Nutzen haben wür- 
den. Im August 1905 wurde die „Statthalterschaft des fernen Ostens“ 
eingerichtet, der Generaladjutant Alexejemw wurde der erste Statthalter 
in dem Gebiete, welches das russische Amur-Generalgouvernement und 
das Kwantunggebiet umfaßte. Die Stellung dieses Stattbalters war 
eine überaus unabhängige und erstreckte sich sogar auf den diplomatischen 
Verkehr und auf den Oberbefehl über sämtliche russischen Streitkräfte 
des fernen Ostens zu Lande und zur See. Kurz darauf beantragte die 
russische Regierung bei der chinesischen einen Aufschub der Räumung 
der Mandschurei um sechzehn Monate über den vereinbarten Termin 
hinaus. Ein zweiter verhängnisvoller Schritt war die russische Anregung 
bei der koreanischen Regierung, einen Staatsvertrag über eine private 
Waldpachtung russischer Spekulanten am Zalu abzuschließen. Diese Pach- 
tung datierte seit 1896 und sollte nominell nur zu Holzhandelszwecken 
dienen. Ourch den Staatsvertrag wollte die russische Politik als solche an 
der Wurzel Koreas Fuß fassen. Im August 19053 legte ihrerseits die japa- 
nische Regierung der russischen einen BVertragsentwurf vor, der im großen 
und ganzen darauf binauskam, Rußland von Korea fernzuhalten und 
die dortigen Znteressen Zapans anzuerkennen, während Zapan die- 
jenigen Rußlands in der Mandschurei anzuerkennen bereit war. Dabei 
sollten die Unabhängigkeit und die Integrität Chinas sowohl wie Koreas 
anerkannt werden. Oie russische Regierung antwortete darauf mit der 
Ablehnung, sich auf die Souveränität und die territoriale Integrität 
Chinas zu verpflichten, weigerte sich, die Gleichberechtigung aller Nationen 
für den Handel in der Mandschurei anzuerkennen, und verlangte ver- 
schiedene Einschränkungen für die japanische Wirksamkeit in Korea. In 
dem Hin und Her des russischerseits nach Möglichkeit verschleppten Noten- 
verkehrs verlangte Rußland schließlich von Japan die Erklärung, daß 
die Mandschurei und deren Küsten außerhalb der japanischen Sphäre 
lägen, ferner die Errichtung einer neutralen Zone zwischen dem man- 
dschurischen und dem koreanischen Gebiete. Die japanische Regierung 
wiederholte das Verlangen an Rußland, ihre definitiven Vorschläge 
nochmals zu prüfen, und drängte ständig — ohne Erfolg — auf Beschleu- 
nigung des Notenwechsels. Am 28. Januar teilte der japanische Ge- 
sandte in Petersburg dem Grafen Lambedorf mit, daß eine weitere Ver- 
zögerung der Antwort ernste Gefahren in sich schlösse. Der Minister 
erklärte, er werde sein möglichstes tun, um am 2. Februar 1904 die Ant- 
wort zu geben. Sie erfolgte nicht, und als der Minister sich außerstande 
bezeichnete, das Datum bestimmt anzugeben, erklärte am 5. Februar
	        
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