Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

226 3. Abschnitt. Vor und nach Algeciras. 1905—1908. 
  
marokkanischen Küste zu bemächtigen. Gleichermaßen sorgte die britische 
Politik durch eine Verpflichtung Spaniens vor, daß dieses sein marokka- 
nisches Küstengebiet nicht etwa an Frankreich oder gar an Oeutschland 
in irgendeiner Form veräußerte. 
Im Grunde bedeutete also das geheime Abkommen die Vollmacht 
für Frankreich, sich, im scharfen Gegensatze zu allen bieherigen Ver- 
trägen, Marokkos zu bemächtigen, mit Ausnahme des nördlichen Küsten- 
stückes, welches Großbritannien nicht in der Hand einer anderen See- 
macht wissen wollte. Berührt wurde dieser Punkt ja auch schon in dem 
öffentlichen Abkommen. Die aus ihm ersichtlichen Garantien erschienen 
Lord Rosebery aber so ungenügend, daß er in einer Versammlung im 
Sommer 1904 ausrief: „Möge die Macht, welche Gibraltar besitzt, nie- 
mals Grund zum Bedauern darüber haben, daß sie Marokko einer großen 
Militärmacht überantwortet hat.“ Im damaligen britischen Taumel fran- 
zösischer Freundschaft erregte diese Kritik lebhafte Entrüstung auf beiden 
Seiten des ÄArmelkanals. 
Das öffentliche französisch-spanische Abkommen enthielt lediglich 
die formale Zustimmung Spaniens zum öffentlichen französisch-eng- 
lischen Abkommen hinsichtlich Marokkos und Agypptens, außerdem die 
ausdrückliche Erklärung Spaniens und Frankreichs: festzuhalten nach 
wie vor an der Integrität des Marokkanischen Reiches unter der Souve- 
ränität des Sultans. 
Am gleichen Tage war aber auch zwischen diesen beiden Mächten 
ein geheimes Abkommen geschlossen worden, das in scharfem Gegensatze 
zu dem öffentlichen Abkommen die Teilung Marokkos zwischen Spanien 
und Frankreich festsetzte und des näheren erörterte. Artikel 2 dieses Ab- 
kommens legte unter genauer Anführung der Grenzen das Gebiet der 
spanischen Einflußsphäre fest, „welches Spanien kraft seiner Besitzungen 
an der maurischen Küste des Mittelmeeres zufällt“". In diesem Gebiete 
erhält Spanien dasselbe Recht des Handelns („Action"), wie Frankreich 
sich von England in dem Abkommen über Agypten und Marokko hat 
garantieren lassen. Der Artikel fährt dann fort: „Im Hinblicke gleich- 
wohl auf bestehende Schwierigkeiten und auf das Interesse beider Teile, 
sie zu überwinden, erklärt Spanien, daß es dieses Recht des Handelns 
nicht ausüben will, ohne die Zustimmung Frankreichs während der ersten 
Periode des Inkraftseins dieses Abkommens, einer Periode, welche nicht 
länger als fünfzehn Zahre, von der Unterzeichnung des Abkommens ge- 
rechnet, dauern soll.“ 
Der folgende Artikel gibt dann die Ergänzung: „Im Falle, daß die 
Fortdauer des politischen Status in Marokko und der scherifischen Re- 
gierung unmöglich werden sollte, oder wenn infolge der Schwäche dieser
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.