Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Zur Einführung. XXV 
  
welche sich über die Richtung und das Ziel des britischen Anmarsches 
durchaus klar waren. Auch hier steht an erster Stelle Großadmiral v. Tir- 
pitz. Die Einfachheit der Formel der britischen Politik mußte auch für 
jeden klar sein, der die Geschichte Großbritanniens und die Unveränder- 
lichkeit des britischen Charakters sowie die Lebensbedingungen des Insel- 
reiches kannte und politisch einzuschätzen fähig war. 
Die ODarstellung der auswärtigen Politik des Deutschen Reiches, wie sie 
im vorliegenden Buche versucht worden ist, gliedert sich mit natürlicher Not- 
wendigkeit in eine Anzahl größerer Abschnitte. Der erste Abschnitt beschäftigt 
sich beinahe ausschließlich mit den Grundlagen der von 1890 an rechnenden 
politischen Periode und der Amtsführung Caprivis, die sich daran anschloß. 
Der Ubergang vom ersten auf den zweiten Kanzler begriff nur eine kurze Zeit- 
spanne, war aber sehr reich an weittragenden Ereignissen, an folgen- 
schweren Vorgängen und an Ursachen späterer bedeutungsvoller Wir- 
kungen. Der Verfasser hat auch für notwendig gehalten, hier, allerdings 
in äußerster Kürze, ein Bild der europäischen Lage am Ende der Bics- 
marckischen Amtsführung zu geben; ohne eine solche Sktizze wäre das 
Nachfolgende nicht genügend verständlich gewesen, weil sonst die Boraus- 
setzungen und Ursachen der nachher zu schildernden Zeit gefeblt hätten. Sie 
durften auch nicht als bekannt angenommen werden. Aus den gleichen 
Gründen ist innerhalb dieses ersten Abschnittes ein besonderes Kapitel 
„Die Lücke in der Rüstung des Dreibundes“ eingefügt worden. Sie be- 
schäftigt sich mit unserem damaligen Bundesgenossen Italien und er- 
läutert die Vorgeschichte und Geschichte seiner Stellung zum Oreibunde. 
Wie in dem Vorworte zur ersten Auflage geschrieben wurde: „hat der 
Verfasser sich zu dieser scheinbar teilweise aus dem Rahmen des Ganzen 
etwas herausfallenden Ausführung entschließen zu müssen geglaubt, weil 
er für besonders wichtig hält, daß dieser Punkt in der deutschen Offentlich- 
keit mehr Berständnis finde, vor allem mehr beachtet werde, als es gemein-- 
hin geschieht“. Auch heute, im dritten Kriegsjahre, entspricht dieses der 
Ansicht des Verfassers. Die Stellung Italiens im Oreibunde war letzten 
Endes durch die geographischen Verhältnisse Italiens am Mittelländischen 
Meere bedingt, nach der positiven Seite sowohl als nach der negativen. 
Die Stellung IZtaliens zum Oreibunde bing ferner aufs engste zusammen 
mit den Beziehungen zwischen Großbritannien und Frankreich und der 
Art des deutsch-britischen Berhältnisses. Diese Tatsachen sind vielen Deut- 
schen erst während des Krieges einigermaßen klar geworden, weil die 
vergangenen Dreibundjahrzehnte der Erinnerung entschwunden waren, 
es auch eine übersichtliche Darstellung dieser interessanten Entwicklung 
nicht gab. Der Berfasser ist, nebenbei bemerkt, nicht der Auffassung, daß 
der Abfall Italiens im Frühsommer 1915 mit einer sozusagen schicksal-
	        
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