242 5. Abschnitt. Vor und nach Algeciras. 1903—1908.
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Kaiser wurden mehrere freundliche Ansprachen gewechselt, in denen der
König besonders betonte, er sei lediglich zu Sportzwecken nach Kiel ge-
kommen. Kaiser Wilhelm wies auf das Wachsen der deutschen Flotte bin,
als den „Auedruck der wiedererstarkenden Seegeltung des durch den ver-
ewigten großen Kaiser neugeschaffenen Deutschen Reiches“. Die Flotte
diene lediglich der Erhaltung des Friedens und sei zum Schutze des deut-
schen Handels und seiner Gebiete bestimmt. König Eduard sagte u. a.:
„Euerer Majestät anerkennende Erwähnung meines unablässigen Strebens
zur Erhaltung des Friedens hat mich tief gerührt, und ich bin beglückt in
der Gewißheit, daß Eure Majestät das gleiche Ziel im Auge haben. Möch-
ten unsere beiden Flaggen bis in die fernsten Zeiten ebenso wie heute
nebeneinander wehen zur Aufrechterhaltung des Friedens und der Wohl-
fahrt nicht allein unserer Länder, sondern auch aller anderen Nationen.“
Diese Reden zeigten drastisch, daß der König bestrebt war, ernsten
und hochpolitisch aufzufassenden Erörterungen zu entgehen. An der Auf-
richtigkeit der Bersicherung seiner Friedensliebe war übrigens damals
ebensowenig wie später zu zweifeln.
Oem Kieler Besuche folgte auf dem Fuße ein Schiedsabkommen
zwischen dem Deutschen Reiche und Großbritannien, des stereotypen
Inbaltes, daß Streitfragen, die einerseits nicht auf diplomatischem Wege
hätten erledigt werden können, die anderseits „nicht die vitalen Interessen,
die Unabhängigkeit oder die Ehre der beiden vertragschließenden Staaten
berühren und nicht die Interessen dritter Mächte angehen“, — an den
ständigen Schiedsgerichtshof im Haag überwiesen werden sollten. Dieses
Abkommen und der Besuch des Königs in Kiel fanden in England kaum
Beachtung. Die Wogen deutsch-feindlicher Hetze schlugen hoch über bei-
den zusammen.
Ein weiteres, sehr bedeutendes Moment der englischen Stimmung
und Verstimmung, ein Moment, das sich in erster Linie auch auf die bri-
tische Regierung bezog, war der Bau der Bagdadbahn. Die Entwicklungs-
geschichte dieses Projektes wird später zusammenhängend dargestellt.
Hier braucht nur gesagt zu werden, daß im wesentlichen die Befürchtung
für die englische Regierung maßgebend war: Deutschland wolle und
könne durch den Bau dieser Bahn bis an den Persischen Golf vordringen,
diesen beherrschen und Großbritannien in Indien bedrohen. Dazu kam
die Besorgnis, daß die deutsche Politik darauf ausgehe, mittels dieser
Bahn und anderer Konzessionen den deutschen Einfluß in der Türkei
politisch, wirtschaftlich und letzten Endes militärisch zum alleinherrschenden
zu machen auf Kosten Großbritanniens. Auch für Ägypten und für die
arabischen Zukunftspläne Englands fürchtete man.