Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Die beiden Konferenzen: Algeciras und Haag. 275 
  
daß Rußland seine Stellung im Rate Europas wiedererhalte. Ich kann 
Rußland nicht erwähnen, ohne auf Deutschland Bezug zu nehmen: es muß 
die Bedingung jeder Berbesserung der Beziehungen zwischen Deutschland 
und uns sein, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich 
ebenfalls gerechte und gute sind.“ 
Das bedeutete: Großbritannien geht durch dick und dünn mit Frank- 
reich, und wenn Deutschland Wert auf erträgliche Beziehungen mit Groß- 
britannien legt, so hat es sich zu unterwerfen, denn auch Rußland, die 
Vereinigten Staaten und Japan sind auf der Seite Frankreichs und Groß-- 
britanniens! — Sir Edward Grey hat sein Programm bis zum Aus- 
bruche des von ihm mit an erster Stelle organisierten Krieges 1914 un- 
entwegt und mit großer Geschicklichkeit verfolgt und durchgeführt. Er 
setzte mit diesem Programm die Politik des im Winter 10905 abtretenden 
unionistischen Kabinettes lediglich fort, denn auch dieses hatte kurz nach 
der Thronbesteigung König Eduards den neuen Kurs eingeschlagen und 
jene Politik befolgt, deren Angelpunkt die von vornherein antideutsche 
Entente Cordiale mit Frankreich war. Im November 1905 bielt Lans- 
downe eine in der Form gemäßigte Rede, in welcher er, ohne den Namen 
zu nennen, Deutschland als den allgemeinen Störenfried und Deutsch- 
lands Politik als besonders übelwollend gegen Großbritannien erkennen 
ließ. Lord Lansdowne sagte: Großbritannien sähe sich in seiner Politik 
bisweilen dadurch behindert, daß es in allen Teilen der Welt auf Rivali- 
täten stoße, die für niemand anders von Vorteil sein könnten als für einen 
listigen Potentaten, der verstehe, sie auszunutzen; diese unverschämte 
Anspielung sollte dem Deutschen Kaiser gelten. Der bisherige Premier- 
minister Balfour sagte eben damals: eine Kriegsgefahr bestehe nur unter 
der Voraussetzung, daß gewisse Bölker oder ihre Oberhäupter den Krieg 
dadurch hervorriefen, daß sie, um ihre nationalen Expansionspläne zu 
verwirklichen, die Rechte ihrer Nachbarn mit Füßen träten. 
Balfour wie Lansdowne hatten mit diesen echt englischen Wendungen 
das Deutsche Reich und im besonderen die Marokkoangelegenheit und die 
Stellung Großbritanniens dazu bezeichnet. Der eine sagte, daß Kaiser Wil- 
helm Englands Politik behindere, indem er Rivalitäten hervorrufe, der andere 
sprach von der deutschen Expansionslust auf Kosten der Rechte des Nach- 
barn. Das Berlangen der deutschen Regierung, daß Frankreich und Eng- 
land über Deutschlande Würde und Oeutschlands Interessen nicht still- 
schweigend binwegschreiten dürften, galt den Briten als ein Mit-Füßen- 
Treten der Rechte Frankreichs und als Ourchkreuzen der großbritannischen 
Politik. Dazu kamen noch andere deutsch-britische Meinungsverschieden- 
heiten über Handelsfragen auf den Marschallinseln und Karolineninseln. 
Die großbritannische Regierung beschwerte sich auch über die angebliche 
18“
	        
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