Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

330 3. Abschnitt. Vor und nach Algeciras. 1905—1908. 
  
uneigennützigen deutschen Wohlwollens und ein Wink an die kleineren 
Nordseemächte, ihre Augen auf die großbritannischen Pläne zu lenken. Wie 
der Krieg 1914/15 gezeigt hat, haben die Aiederlande ebenso wie Dänemark 
sich nicht auf das Abkommen verlassen, sondern auf ihre Rüstungen. 
Am selben Tage wie das Nordseeabkommen, wurde ein zweiter Ver- 
trag zu St. Petersburg unterzeichnet, das sogenannte Ostseeabkommen, 
und zwar von den Vertretern der Mächte: Rußland, Deutschland, Däne- 
mark und Schweden. Der Wortlaut ist beinahe der gleiche wie der des 
Nordseeabkommens, mit dem hauptsächlichen Unterschiede, daß das Ost- 
seeabkommen nicht stillschweigend, sondetn ausdrücklich neben den Küsften 
auch die Inseln einschließt. Der reiche schwedische und dänische FInselbesitz 
gab den Anlaß dazu, insbesondere die schwedischen Besorgnisse vor ruf- 
sischen Ausdehmnungs- und Eroberungeabsichten nach der skandinavischen 
Ozeanküste hinüber. Deshalb nahm man in Schweden das Abkommen 
mit Genugtuung auf und erblickte in ihm ein Berdienst und einen Oienst 
des befreundeten Deutschen Reiches. Zn Großbritannien dagegen war 
man verstimmt, nicht an diesem Abkommen beteiligt zu sein, und benutzte 
die Gelegenheit, um in Dänemark wieder die alte Agitation aufzunehmen: 
das Deutsche Reich wolle aus der Ostsee ein geschlossenes Gewässer machen. 
Da im gleichen Jahre 1907 das großbritannisch-russische Abkommen unter- 
zeichnet wurde und die Annäherung zwischen den beiden Mächten bereits 
1906 abgemachte Sache war, so konnte die britische „Entrüstung“ über 
die angeblichen deutschen Pläne „die Ostsee zu schließen“ nicht aufrichtig 
sein. Man wollte nur den Anschein einer solchen erwecken, um Dänemark 
mißtrauisch zu machen. Möglicherweise war auch Kränkung der Eigenliebe 
darüber vorhanden, daß das alle Meere beherrschende Großbritannien 
an einem europäische Gewässer betreffenden Abkommen nicht beteiligt war. 
Alles in allem waren diese beiden Abkommen ohne sonderliche Be- 
deutung, denn sie änderten weder an der politischen Lage und an den 
Stimmungen etwas Wesentliches, noch hätten sie im Ernstfalle die min- 
deste Wirkung ausgeübt. 
Auch außerhalb Europas wurden in jener Zeit erwähnenswerte Ab- 
kommen geschlossen. 
Zm fernen Östen hatten Rußland und Japan hintereinander zwei 
Verträge geschlossen und damit einen der Zwecke der Erweiterung des 
großbritannisch-japanischen Abkommenes erfüllt: Ruhe in Ostasien zu 
schaffen, auch die Wahrscheinlichkeit eines russischen Bergeltungekrieges 
gegen Japan auszuschalten. Ourch die russisch-japanischen Berträge be- 
festigte sich anderseits, ganz wie die Londoner Politik angestrebt hatte, 
das russisch-britische Einvernehmen. 
Jm Sommer 1907 folgte ein Abkommen zwischen Japan und Frank-
	        
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