Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Has russisch-britische Abkommen und andere Abkommen. 331 
  
reich. Die großbritannische Politik hatte auch bei diesem Abkommen Ge- 
vatter gestanden, um sich Frankreich allgemein und besonders im fernen 
Osten zu verbinden, sowie um eine Kontrolle über die japanisch-fran- 
zösischen Beziehungen zu gewinnen. Dazu kam eine französisch-japanische 
Vorgeschichte des Abkommens: Während des Russisch-Japanischen Krieges 
war eine geheime japanische Denkschrift aus der Feder eines hervorragen- 
den Militärs in die Offentlichkeit gelangt. Sie behandelte den Plan einer 
Eroberung von Französisch-Indochina und erörterte sie bis in die kleinsten 
militärischen Einzelheiten, bezeichnete sie auch als das nächste Ziel der 
japanischen Politik. In Frankreich war man sich bewußt, daß Japan bei 
Vorhandensein des erforderlichen Willens unter allen Umständen im- 
stande war, Indochina zu nehmen und zu behalten, ohne daß Frankreich 
die mindeste Möglichkeit gehabt hätte, die Japaner daran zu hindern. 
So war man dem britischen Freunde sehr dankbar, als er der französischen 
Republik zum Abkommen verhalf. Der französische Minister des Aus- 
wärtigen, Pichon, erklärte in der Kammer: „Japan widerlegt auf diese 
Weise ein für allemal diejenigen, welche es beschuldigt haben, ehrgeizige 
Eroberungspläne zu hegen, und es bekräftigt seinen Willen, den Status 
duo zu achten.“ 
Der Inhalt des Abkommens begriff den Eintritt in Unterhand- 
lungen wegen eines Handelsvertrages, außerdem die folgende Verein— 
barung: Die beiden MNächte stimmen überein in der Achtung der Un- 
abhängigkeit und Integrität Chinas, im Grundsatze der Eleichheit und 
Freiheit des Handele dort für die Staatsangehörigen aller Nationen. Sie 
verpflichten sich zu gegenseitiger Unterstützung, zur Aufrechterhaltung 
dieses Zustandes, zumal in denjenigen Gebieten, welche ihren eigenen 
Hoheitsgebieten benachbart sind. Insbesondere sichern sich die beiden 
Mächte gegenseitig die Behandlung als meistbegünstigte Nation den 
japanischen Untertanen in Französisch--Indochina und den Untertanen 
und Schutzbefohlenen von Französisch-Indochina in Japan und in japa- 
nischen Hoheitsgebieten zu. 
Sieht man von den Spezialzwecken und dem eigentlichen Inhalte 
dieses Abkommens ab und betrachtet man es nur als politisches Ereignis 
im ganzen, so bedeutete es ein weiteres Symptom für die fortschreitende 
Äsolierung des Deutschen Reiches in Europa wie in Ostasien. Weitblickend, 
das Ganze überschauend, wie immer, hatten Großbritanniens Staats- 
männer als wichtig erkannt, daß in einem großen europäischen Kriege, 
wo der Dreiverband gegen Deutschland stände, Zapan keinerlei Interesse 
haben dürfe, sich gegen England oder dessen Berbündete und Freunde 
zu wenden, noch auch ihnen ihre ostasiatischen Besitzungen zu neiden und 
sich deren bei gebotener Gelegenheit zu bemächtigen. Es ist kaum zu
	        
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