Has russisch-britische Abkommen und andere Abkommen. 331
reich. Die großbritannische Politik hatte auch bei diesem Abkommen Ge-
vatter gestanden, um sich Frankreich allgemein und besonders im fernen
Osten zu verbinden, sowie um eine Kontrolle über die japanisch-fran-
zösischen Beziehungen zu gewinnen. Dazu kam eine französisch-japanische
Vorgeschichte des Abkommens: Während des Russisch-Japanischen Krieges
war eine geheime japanische Denkschrift aus der Feder eines hervorragen-
den Militärs in die Offentlichkeit gelangt. Sie behandelte den Plan einer
Eroberung von Französisch-Indochina und erörterte sie bis in die kleinsten
militärischen Einzelheiten, bezeichnete sie auch als das nächste Ziel der
japanischen Politik. In Frankreich war man sich bewußt, daß Japan bei
Vorhandensein des erforderlichen Willens unter allen Umständen im-
stande war, Indochina zu nehmen und zu behalten, ohne daß Frankreich
die mindeste Möglichkeit gehabt hätte, die Japaner daran zu hindern.
So war man dem britischen Freunde sehr dankbar, als er der französischen
Republik zum Abkommen verhalf. Der französische Minister des Aus-
wärtigen, Pichon, erklärte in der Kammer: „Japan widerlegt auf diese
Weise ein für allemal diejenigen, welche es beschuldigt haben, ehrgeizige
Eroberungspläne zu hegen, und es bekräftigt seinen Willen, den Status
duo zu achten.“
Der Inhalt des Abkommens begriff den Eintritt in Unterhand-
lungen wegen eines Handelsvertrages, außerdem die folgende Verein—
barung: Die beiden MNächte stimmen überein in der Achtung der Un-
abhängigkeit und Integrität Chinas, im Grundsatze der Eleichheit und
Freiheit des Handele dort für die Staatsangehörigen aller Nationen. Sie
verpflichten sich zu gegenseitiger Unterstützung, zur Aufrechterhaltung
dieses Zustandes, zumal in denjenigen Gebieten, welche ihren eigenen
Hoheitsgebieten benachbart sind. Insbesondere sichern sich die beiden
Mächte gegenseitig die Behandlung als meistbegünstigte Nation den
japanischen Untertanen in Französisch--Indochina und den Untertanen
und Schutzbefohlenen von Französisch-Indochina in Japan und in japa-
nischen Hoheitsgebieten zu.
Sieht man von den Spezialzwecken und dem eigentlichen Inhalte
dieses Abkommens ab und betrachtet man es nur als politisches Ereignis
im ganzen, so bedeutete es ein weiteres Symptom für die fortschreitende
Äsolierung des Deutschen Reiches in Europa wie in Ostasien. Weitblickend,
das Ganze überschauend, wie immer, hatten Großbritanniens Staats-
männer als wichtig erkannt, daß in einem großen europäischen Kriege,
wo der Dreiverband gegen Deutschland stände, Zapan keinerlei Interesse
haben dürfe, sich gegen England oder dessen Berbündete und Freunde
zu wenden, noch auch ihnen ihre ostasiatischen Besitzungen zu neiden und
sich deren bei gebotener Gelegenheit zu bemächtigen. Es ist kaum zu