Full text: Deutschlands auswärtige Politik 1888-1914.

Die Luͤcke in der Rustung des Dreibundes. 13 
  
essen im Mittelmeer zur Bedingung gemacht und auch durchgesetzt hat, 
so hat er damit nur getan, was Fürst Bismarck an seiner Stelle auch getan 
haben würde .. In bezug auf #talien hat er (Bieèmarck) stets die Ansicht 
vertreten, daß das Königreich des maritimen Schutzes durch die englische 
Flotte niemals ganz entbehren könne und deshalb stets mehr oder weniger 
auf England Rücksicht nehmen müsse.“ — Außerdem soll Graf Nobilant 
eben damals mit Osterreich-Ungarn unter Zustimmung des Deutschen 
Reiches eine Bereinbarung getroffen haben: daß ein neuer Gebietszu- 
wachs Osterreich-Ungarns auf der Balkanhalbinsel Italien berechtigen 
würde, Kompensationen ebendort zu verlangen. 
1887 reiste Crispi wieder zum Fürsten Bismarck, um die Bervollständi- 
gung des Bündnisvertrages durch eine Militärkonvention zu erreichen. 
Bismarck erklärte seine Ubereinstimmung. Crispi kehrte befriedigt nach 
Rom zurück und hielt seine große aufsehenerregende Rede mit Andeu- 
tungen über die Richtlinien seiner Politik und deren Grundlagen: „Aber 
wenn wir auf dem Festlande mit den Zentralmächten verbündet sind, 
wenn wir im Mittelmeere im Einverständnis mit England vorgehen, so 
verfolgen wir dennoch keine Ziele, durch die sich andere Mächte (Frank- 
reich) bedroht fühlen können.“ AUber die mit Biemarck getroffenen Ab- 
machungen sagte Crispi, niemals sei „#n einer so vollständigen und herz- 
lichen Verbindung, wie sie zwischen Italien und seinen Berbündeten 
besteht, seine Würde mehr geachtet, und seien seine Znteressen mehr ge- 
währleistet worden.“ Die Londoner „Times“ aber schrieben dazu: „Eng- 
land, dessen Interessen alle mit dem Frieden und der geregelten Fort- 
entwicklung der Dinge verknüpft sind, stellt sein Ubergewicht auf die 
Seite dieses so hervorragend zur Erhaltung des Bestehenden dienenden 
Bundes.“ 
Schon aus dieser Wendung geht hervor, daß ein förmlicher Bertrag 
mit Großbritannien nicht bestand. Fürst Bismarck hat sich in den neunziger 
ZJahren seine Stellung in diesem Punkte folgendermaßen bezeichnen 
lassen: „Tatsächlich ist das Bemühen des Fürsten Bismarck nie über den 
Zweck hinausgegangen, die Berbindung der britischen Seemacht mit 
den Interessen des Friedensbundes und namentlich Ztaliens zu sichern.“ 
Anderseits ließe sich an unzähligen Aussprüchen des Fürsten Bismarck 
zeigen, daß er die britische Seemacht als natürliche Deckung gefährdeter 
maritimer Interessen des Dreibundes ansah. Darin lag naturgemäß um- 
gekehrt die Voraussetzung, daß die großbritannische Politik ihre Stellung 
und ihre Interessen besser durch Anschluß an den Dreibund als an Frank- 
reich oder Frankreich und Rußland gedeckt glaubte. Und dementsprechend 
arbeitete die Bismarcksche Politik, mit der Kunst und dem Fernblicke des 
Meisters, konsequent darauf hin, diese Boraussetzungen für England zu
	        
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