VBer Helgoland- und Sanjibardandei. 45
würde unmittelbar in den Besitz des Feindes übergehen und ihm als
Basis dienen. Das bedeutete einen unangenehmen Punkt, denn die Kosten-
frage war für die Marine jener Zeit nicht nur eine heikle, sondern man konnte
sie nur mit einem hohen Grade von Hoffnungslosigkeit betrachten. Hier
mögen denn auch gewisse Bedenken bei den leitenden Seeoffizieren sich
erhoben haben, als die Insel Helgoland deutsch wurde. Biel Geld auf sie
zu verwenden, wäre nur auf Kosten dringender Bedürfnisse der schwim-
menden Flotte möglich gewesen, man mußte Helgoland also vorläufig
als schwache Stelle — neben vielen anderen — in den Kauf nehmen. Be-
kanntlich beschränkte man sich darauf, die Insel nach Kräften gegen einen
Handstreich zu schützen, ein Schutz freilich, der keineswegs genügte und
der die Gefahr, die aus dem deutsch gewordenen Helgoland erwuche, nicht
beseitigen, sondern eigentlich nur vermehren konnte.
Das Urteil des Fürsten Bismarck ist bekannt und viel erörtert worden.
Der Vollständigkeit halber mag es aber auch in diesem Zusammenhange
Platz finden:
„Im Hinblick auf eine voraussichtlich französische Blockade war bisher
die Deckung Helgolands durch die englische Neutralität für uns nützlich;
ein französisches Geschwader konnte daselbst kein Kohlendepot haben,
sondern war genötigt, zur Beschaffung des Kohlenbedarfs in bestimmten
nicht zu langen Zeiträumen nach den französischen Häfen zurückzukehren
oder eine große Anzahl von Frachtschiffen hin- und bergehen zu lassen.
Jetzt phaben wir den Felsen mit eigener Kraft zu verteidigen, wenn wir
verhindern wollen, daß die Franzosen im Falle des Krieges sich daselbst
festsetzen.“ (Gedanken und Erinnerungen II.)
1891 hat Bismarck an Busch gesagt, der Wert der Insel läge mehr
in der Phantasie, und sie sei für uns im Kriege besser in den Händen einer
neutralen Macht, lasse sich auch nur schwer befestigen und nur mit großen
Kosten. Auch in anderer Verbindung hat der große Kanzler betont: die
Insel müßte sehr stark befestigt werden, sollte sie Nutzen für uns haben.
Daß das Bismarcksche Urteil in seinem Hauptpunkte nicht nur längst
überholt ist, sondern tatsächlich auch damals schon unrichtig war, braucht
kaum bewiesen zu werden. Niemand hat nachdrücklicher als Bismarck
auch noch in den letzten Jahren seines Lebens betont und gelehrt, daß man
keine politische Gruppierung, kein Bündnis als Dauerzustand betrachten
dürfe, das Element der internationalen Politik sei ein flüssiges und kehre
trotz aller Bindungen von Zeit zu Zeit immer wieder in diesen, den na-
türlichen Aggregatzustand, zurück. Schon unter diesem richtigen Gesichts-
punkte betrachtet, war es grundsätzlich falsch, den Wert oder Unwert der
Insel Helgoland nur unter der Voraussetzung einzuschätzen, daß die vor-
malige Besitzerin, Großbritannien, in einem deutsch-französisch-russischen