Full text: Von Potsdam nach Doorn.

absatzfähige Fabrikation gegeben sind, beide Bestrebungen noch gestat- 
ten.‘ — Solche Bestrebungen des positiven Zweckes habe es schon im 
Mittelalter gegeben, und diese hätten niemals das Eigentum anderer an- 
tasten wollen, noch das Eigentum überhaupt, noch den Glauben an Gott 
untergraben wollen. 
Zum vollen Verständnis dieser und der folgenden Ausführungen sei noch 
einmal auf die Bismarcksche Wirtschaftspolitik, besonders während der 
ersten Jahrzehnte des neuen Reiches, hingewiesen : Er setzte alles daran, um 
eine leistungsfähige deutsche Industrie heranzuzüchten, die Deutschland in 
diesem Belang vom Ausland unabhängig machte; deshalb sollte die Indu- 
strie solide fundiert sein, zu Geld kommen. Um mit der ausländischen, haupt- 
sächlich der englischen Einfuhr erfolgreich konkurrieren zu können, also 
billig genug verkaufen zu können, bei einer ebenfalls konkurrenzfähigen 
Warenqualität, durfte sie also, nach Bismarck, die Löhne für die Arbeit- 
nehmer nicht über diese Linie hinaus erhöhen, noch die Arbeitszeit und 
damit die Größe der Arbeitsleistung vermindern. Die Richtigkeit dieses 
Standpunktes war sachlich nicht zu bestreiten. 
Im selben Zusammenhang sagte Bismarck weiter: 
„Sobald uns von sozialdemokratischer Seite irgendein positiver Vor- 
schlag entgegenträte oder vorläge, wie sie in vernünftiger Weise die Zukunft 
gestalten wolle, um das Schicksal der Arbeiter zu verbessern, so würde ich 
mich wenigstens einer wohlwollenden entgegenkommenden Prüfung der 
Sache nicht entziehen und selbst vor dem Gedanken der Staatshilfe nicht 
zurückschrecken, um den Leuten zu helfen. Es ist das zwar nicht mein De- 
partement, und ich kann darauf nicht näher eingehen, ich wiederhole nur, 
um die Ansichten zu bestätigen, die ich in der ersten Lesung ausgesprochen 
habe, nach denen ich schon vor fünfzehn Jahren gehandelt habe, und um zu 
bekunden, daß ich noch, wenn nur ein ernster und positiver Antrag vorläge, 
der auf die Verbesserung des Loses der Arbeiter gerichtet ist, ein freund- 
liches Entgegenkommen zeigen und ihn einer wohlwollenden und geneigten 
Prüfung des Reichstages und der gesetzgebenden Versammlung empfehlen 
werde. 
Wie steht aber heute die Sache ? Hier steht die reine Negation gegenüber 
dem Einreißen, ohne daß jemand auch nur eine Andeutung gibt, was anstatt 
des Daches, das uns jetzt deckt, gebaut werden soll, wenn es niedergerissen 
ist. Wir befinden uns lediglich im Stadium der Untergrabung, des Um- 
sturzes, der Negation. 
Seit elf Jahren haben wir den Vorzug, mit Sozialdemokraten gemein- 
schaftlich zu tagen. Mein Gedächtnis läßt mich vielleicht im Stich, aber ich 
appelliere an das eines jeden anderen: Ist Ihnen bei den langen Reden, noch 
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