bezahlte einen damals unverhältnismäßig hohen Preis an wertvollem Kolo-
nialland. Der berühmte Afrikaforscher Stanley schrieb: für einen Hosen-
knopf habe man von Deutschland eine ganze Hose erhalten.
„So waren die Vorgänge. Sie zeigen, daß der Gedanke und Plan der Er-
werbung Helgolands von Bismarck kam und dieser nur auf die Gelegenheit
wartete, die Insel billig zu erhalten. Der Kaiser und seine Leute in ihrem
Drang zur Überstürzung zahlten einen sehr hohen Preis, ohne Notwendig-
keit. Hauptsächlich aus diesem Grunde mißbilligte Bismarck den: Handel.
Man kann wohl nicht bezweifeln, daß er einen nicht annähernd so hohen
Preis gezahlt und trotzdem die Insel erhalten haben würde. Seine Bezweif-
lung des militärischen Wertes der Insel dagegen muß man auch für die da-
malige Zeit als nicht richtig bezeichnen. In den dann folgenden Jahrzehnten,
besonders im neuen Jahrhundert, erfuhr der militärische Wert der Insel
durch den deutschen Flottenbau und die technischen Fortschritte wie die
Entwicklung der Funkentelegraphie, das Unterseeboot und den Beginn der
Luftfahrt einen hohen Wertzuwachs. Hierin hatten die maritimen Berater
des Kaisers richtig gesehen, wenn sie auch jene Entwicklungen und Fort-
schritte nicht haben ahnen können. Dazu kam, daß in den achtziger Jahren
noch, besonders bei allen militärischen Forderungen an den Reichstag, die
Geldfrage eine so, wir müssen sagen: schmachvoll große Rolle spielte, daß
Bismarck schon die Kosten einer Befestigung von Helgoland von diesem
Gesichtspunkt als einen Grund gegen die Erwerbung später bezeichnete.
Abschließend ist also zu sagen: Der Plan der Erwerbung stammte von Bis-
marck. Der Preis, den der Kaiser zahlte, war für die damalige Zeit viel zu
hoch. Wird dagegen die später große militärische Bedeutung der Insel ein-
geworfen, so ist zu erwidern, daß selbst dann deshalb der Preis viel zu hoch
war, weil man Helgoland viel billiger hätte erhalten können. Ebenso wie
Meinungen von Menschen sind auch derartige Handelsgeschäfte nur aus
ihrer Zeit heraus zu beurteilen. Niemand weiß, ob in zwanzig Jahren durch
die Entwicklung der Verkehrsmittel und der Waffentechnik Helgoland
wieder so unwichtig geworden sein wird, daß man über den Handel von 1890
wieder ähnlich urteilen könnte wie damals die ‚„Bismarck-Fronde‘ Man
denke an die Wertschwankungen der Insel Malta. Schließlich, nicht am
wenigsten lag dem Kaiser und allen Anhängern des ‚Neuen Kurses“ in
hohem Grade daran, einen recht sichtbaren Prestigeerfolg des Kaisers un-
mittelbar nach Bismarcks Entlassung verzeichnen zu können und als große
Tat darzustellen. Das Verhalten der deutschen Bevölkerung zu der Er-
werbung der Insel war kühl, während man über den Verlust des von Karl
Peters erworbenen Koloniallandes niedergeschlagen und entrüstet war.
*
241