Full text: Von Potsdam nach Doorn.

ßische Polonismus haben, der mit den Traditionen Kaiser Wilhelms I. so 
flagrant in Widerspruch steht ...“ 
So entstanden Kronstadt (der erwähnte französische Flottenbesuch) mit 
der Marseillaise und die erste Annäherung zwischen dem absoluten Zarentum 
und der Französischen Republik, unserer Ansicht nach ausschließlich durch 
die Mißgriffe der Caprivischen Politik herbeigeführt. Dieselbe hat Rußland 
genötigt, die Assekuranz, die ein vorsichtiger Politiker in den großmächt- 
lichen Beziehungen Europas gern nimmt, in Frankreich zu suchen.“ 
Diese Enthüllung hatte ein ungeheures Aufsehen, in Deutschland nicht 
nur, sondern in der ganzen Welt, zur Folge. Das amtliche Mitteilungsblatt 
der Reichsregierung, der ‚„Reichsanzeiger‘, schrieb: 
„Wir sind zu der Erklärung ermächtigt, daß die Regierung nicht, wie viel- 
fach gewünscht wird, das Wort zu den ‚Enthüllungen‘ der ‚Hamburger 
Nachrichten‘ zur Sache ergreifen wird. Diplomatische Vorgänge der von den 
‚Hamburger Nachrichten‘ erwähnten Art gehören ihrer Natur nach zu den 
strengsten Staatsgeheimnissen: sie gewissenhaft zu wahren, beruht auf einer 
internationalen Pflicht, deren Verletzung eine Schädigung wichtiger Staats- 
interessen bedingen würde. Die Kaiserliche Regierung muß daher auf jede 
Klarstellung verzichten, sie wird jenen Auslassungen gegenüber weder Fal- 
sches berichtigen noch Unvollständiges ergänzen, in der Überzeugung, daß 
die Zuversicht’ in die Aufrichtigkeit und die Vertragstreue bei anderen 
Mächten zu fest begründet ist, als daß sie durch derartige Enthüllungen er- 
schüttert werden könnte.‘ 
Manchem mag es vielleicht unnötig erscheinen, wenn auf solche Streite 
und Streitgegenstände einer längst vergangenen Zeit und einer versunkenen 
politischen Ära des Deutschen Reiches eingegangen wird. Tun wir es gleich- 
wohl, so geschieht es, um die unwürdige, unsachliche Haltung der Regie- 
rung, auch des Kaisers, in seinem Streben nach ‚‚populärem Absolutismus‘“ 
und auch des geaamten Offiziösentums an einem flagranten Beispiel dar- 
zutun: die Erklärung der Reichsregierung warf den ‚Hamburger Nach- 
richten‘, also Bismarck, vor: Verrat ‚strengster Staatsgeheimnisse‘‘, den 
Versuch, ‚die Zuversicht in die Aufrichtigkeit und die Vertragstreue der 
deutschen Politik zu erschüttern‘, und schließlich: die Angaben der ‚Ham- 
burger Nachrichten‘ enthielten Unwahrheiten und wesentliche Lücken. 
Hierzu antworteten die „Hamburger Nachrichten“: Unvollständiges 
würde nur dann ergänzt werden können, wenn man den vollständigen Text 
jenes Vertrages veröffentlichte, ‚Falsches aber ist in unseren Anführungen 
überhaupt nicht enthalten‘. Die ‚Hamburger Nachrichten‘ hätten das 
Recht, eine Berichtigung auf Grund des Pressegesetzes zu verlangen. Zu den 
anderen Punkten: Jene russisch-deutschen Verhandlungen gehörten der Ge- 
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