Full text: Von Potsdam nach Doorn.

schlug uns tiefere Wunden als selbst der Krieg. Das Mark des J.andes war 
ausgesogen, die Hauptbefestigungen blieben vom Feinde besetzt, der Acker- 
bau war gelähmt, sowie der sonst so hochgebrachte Kunstfleiß unserer 
Städte. Die Freiheit des Handels war gehemmt und dadurch die Quelle des 
Erwerbs und des Wohlstandes verstopft. Das Land war ein Raub der Ver- 
armung. Durch die strengste Erfüllung eingegangener Verbindlichkeiten 
hoffte ich, meinem Volk Erleichterungen zu bereiten und den französischen 
Kaiser endlich zu überzeugen, daß es sein eigener Vorteil sei, Preußen seine 
Unabhängigkeit zu lassen. Aber meine reinsten Absichten wurden durch 
Übermut und Treulosigkeit vereitelt, und nur zu deutlich sahen wir, daß des 
Kaisers Verträge mehr noch wie seine Kriege uns langsam verderben mußten. 
Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo alle Täuschung über unseren Zu- 
stand aufhört. | 
Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was ihr 
seit sieben Jahren erduldet habt, ihr wißt, was euer trauriges Los ist, wenn 
wir den beginnenden Kampf nicht ehrend vollenden. Erinnert euch an die 
Vorzeit, an den Großen Kurfürsten und den großen Friedrich. Bleibt ein- 
gedenk der Güter, die unter ihnen unsere Vorfahren blutig erkämpften: Ge- 
wissensfreiheit, Ehre, Unabhängigkeit, Handel, Kunstfleiß und Wissen- 
schaft. Gedenkt des großen Beispiels unserer mächtigen Verbündeten, der 
Russen, gedenkt der Spanier, der Portugiesen. Selbst kleinere Völker sind für 
gleiche Güter gegen mächtigere Feinde in den Kampf gezogen und haben den 
Sieg errungen. Erinnert euch an die heldenmütigen Schweizer und Nieder- 
länder. 
Große Opfer werden von allen Ständen gefordert werden :: denn, unser Be- 
ginnen ist groß, und nicht gering die Zahl und die Mittel unserer Feinde. Ihr 
werdet lieber Opfer bringen für das Vaterland, für euern angeborenen König, 
als für einen fremden Herrscher, der, wie so viele Beispiele lehren, euere 
Söhne und euere letzten Kräfte Zwecken widmen würde, die euch ganz fremd 
sind. Vertrauen auf Gott, Ausdauer, Mut und der mächtige Beistand unserer 
Bundesgenossen werden unseren redlichen Anstrengungen siegreichen Lohn 
gewähren. 
Aber, welche Opfer auch von einzelnen gefordert werden mögen, sie wiegen 
die heiligen Güter nicht auf, für die wir sie hingeben, für die wir streiten und 
siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Preußen und Deutsche 
zu sein. 
Es ist der letzte entscheidende Kampf, den wir bestehen für unsere Exi- 
stenz, unsere Unabhängigkeit, unseren Wohlstand; keinen anderen Ausweg 
gibt es, als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. 
Auch diesem würdet ihr getrost entgegengehen um der Ehre willen, weil ehr- 
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