Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Republik anstellen, wenn möglich mit dem Kaiser- oder Königstitel — er 
wäre mit allem zufrieden gewesen ! 
Wenige Tage darauf schrieb der ‚Vorwärts‘: 
Hinsichtlich der Abdankung des Kaisers komme es nicht allein auf die 
Person an, sondern auch auf das Prinzip. Person und Prinzip lassen sich 
nicht voneinander trennen: ‚Bleibt der Kaiser im Amt und wird der Frieden 
schlecht, so wird es keinen Beweis gegen die Behauptung geben, der Frieden 
hätte besser werden können, wenn man den Ratschlägen der Sozialdemo- 
kratie rechtzeitig gefolgt wäre.‘ — Für den Fall aber, daß man der SPD. 
nicht nachgeben sollte, so würde diese imstande sein, die Sache selbst in die 
Hand zu nehmen. (Also die Monarchie mit Gewalt zu stürzen.) 
Die bürgerlichen Parteien der Mitte und der sogenannten gemäßigten 
Linken, jedenfalls was ihre Presse anlangte, wünschten den Kaiser zu er- 
halten, jedoch nur als Ornament auf einem demokratischen Staatsgebäude. 
Ein demokratischer ‚Führer‘ schrieb: ‚Der Kaisergedanke wolle uns er- 
halten bleiben als das einigende Band für die deutschen Stämme. Fällt das 
Kaisertum, so entsteht die Gefahr, daß das Deutsche Reich auseinanderfällt. 
Ein republikanisches Deutschland wäre denkbar, aber dann müßten auch 
die Throne in den einzelnen Bundesstaaten fallen und die Verfassung auf 
ganz andere Grundlagen gestellt werden. Die Revolution von Grund auf 
wäre ein sehr zweifelhaftes Mittel für die Gegenwart, sie würde den Bürger- 
krieg zur Folge haben.‘ 
Diese Stimme aus dem demokratischen Bürgertum wird hergesetzt, um 
dessen Jämmerlichkeit zu zeigen: den Kaisergedanken, behauptete man, 
erhalten zu wollen, indem man diesem seinen Inhalt und sein Fundament im 
Volke kaltblütig verlorengehen ließ. Man wollte wohl Parlamentarismus, 
aber womöglich keine erklärte Republik, denn das könne vielleicht Bürger- 
krieg zur Folge haben, auch die Kaiserphrase hätte man gern erhalten. 
Man ‚‚wollte‘‘ dies, man ‚‚wollte‘‘ das und ließ sich schließlich alles gefallen. 
Auch die unbedingten Monarchisten der Rechten ließen sich, abgesehen von 
einigen „Kundgebungen‘‘ und Zeitungsartikeln, alles gefallen. 
Der Sozialdemokratie ging es nicht schnell genug. Die Parteileitung ver- 
öffentlichte einen Beschluß, in dem es heißt: ‚‚Sofortige Ausführung des 
Waffenstillstandes, Amnestie für alle militärischen Vergehen, sofortige 
Demokratisierung der Regierung, auch in den Bundesstaaten, die SPD. ver- 
lange vom Reichskanzler sofortige Durchführung der Abdankung des 
Kaisers.“ 
Ein gleichzeitig verbreitetes Flugblatt der Partei verlangte ebenfalls: 
völlige Demokratisierung, Rücktritt des Kaisers: ‚Große Erfolge sind er- 
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