Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Jede Demütigung nahm er hin, jede Deklassierung, wenn nur etwas 
Schein als Kaiser und König für ihn gewahrt werde. Als ihm dann auch das 
verwehrt wurde und die marxistischen Leiter auf Abdankung und Verzicht 
bestanden, unterwarf er sich auch ohne weiteres und machte ihnen Platz. 
Über der ganzen Regierung des letzten Kaisers und Königs steht Bis- 
marcks Schatten auf der einen Seite, auf der anderen die Sozialdemokratie. 
Als der junge Kaiser den Kampfplan des Kanzlers mit der Antwort zurück- 
wies, er wolle nicht jetzt gleich im Blute seiner Untertanen waten, erwiderte 
Bismarck, um so tiefer müsse er später in das Blut hinein. Es kam viel 
schlimmer noch in Gestalt des Zusammenbruchs der Monarchie und des 
Reiches selbst und der Geburt der Novemberrepublik: dieser faulen und 
giftigen Frucht des leichten Sieges des Marxismus über Kaiser Wilhelm II. 
Seine Regierung, alles zusammengenommen, ist ein einziger Kampf gegen: 
alles gewesen, was Bismarck geschaffen und gewollt hatte. Alles, was Bis- 
marck befürchtet hatte, und noch mehr, ist eingetroffen. Dies ist keine Be- 
hauptung, sondern die Feststellung einer ununterbrochenen Reihe von Tat- 
sachen und des Gesamtergebnisses der Regierung dieses Kaisers. 
Mit dem Übertritt Wilhelms II. nach Holland könnte und müßte das 
letzte Wort über ihn gesprochen sein. Als er den deutschen Boden verließ, 
hatte er sich vom deutschen Land und Volk gelöst, war Privatperson ge- 
worden, aus der deutschen Geschichte und dem Leben des deutschen Volkes 
ausgeschieden. Leider ist es aber nicht möglich, hier den Schlußstrich unter 
das trübe Kapitel: Wilhelm II., Deutscher Kaiser und König von Preußen, 
zu ziehen. 
An den Veröffentlichungen Wilhelms II., nachdem er Deutschland ver- 
lassen hatte, kann man nicht vorbeigehen, auch abgesehen von den be- 
sprochenen Äußerungen, die seinen Übertritt nach Holland rechtfertigen 
sollten. Seine ‚Ereignisse und Gestalten‘ in erster Linie, außerdem sein 
Buch ‚Aus meinem Leben“ sind nicht nur rein persönliche Erinnerungen, 
sondern die ‚Ereignisse und Gestalten‘ bilden eine politische Schrift, mit 
dem Zweck seiner Verteidigung, seiner Regierung und mit der Rechtferti- 
gung seiner Abdankung und seines Übertritts nach Holland. Auf Einzel- 
heiten einzugehen, ist nicht notwendig, nur der Grundzug seiner Dar- 
stellungen und Charakteristiken von Menschen zu erwähnen: er, der Kaiser, 
habe in allem recht gehabt, die anderen alle unrecht. Bismarck hat, nach des 
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