zustellen, die nicht ein Stück weiteren politischen Niederganges, nach außen
wie im Innern, eingeschlossen und bedeutet hätte, und zwar in progressiver
Steigerung. Und die ganze Summe der Regierungszeit Wilhelm II. ballte
sich vernichtend zusammen am 9. November 1918. Das Erbe war vertan!
Er hatte es nicht erworben, um es zu besitzen.
Mit Gott für König und Hochverrat!
Reichlich drei Vierteljahre, nachdem Adolf Hitler mit seiner National-
sozialistischen Deutschen Arbeiterpartei auf verfassungsmäßigem Wege die
Macht im Deutschen Reiche ergriffen hatte, richtete der ehemalige Kaiser
an einen süddeutschen monarchistischen Verband, als Antwort auf eine Ent-
schließung, ein Brieftelegramm aus Holland:
Er sei überzeugt, daß jeder Angehörige des Verbandes ‚‚alles (!) daran-
setzen wird, sein Treuebekenntnis zur Monarchie durch mannhafte Tat zu
bekräftigen. Nur unter seinem Kaiser und den deutschen Bundesfürsten
kann das Reich auf die Dauer gefestigt werden und zu seiner alten Macht
und Herrlichkeit gelangen! Darum vorwärts mit Gott für König und Vater-
land, für Kaiser und Reich. gez. Wilhelm, I. R.“
Majestätische Pose, maßlose Überheblichkeit, leere Worte! Nichts ge-
lernt, nichts vergessen !
Diese Depesche des Kaisers war ein Stück Papier mit einigen Worten
darauf, ohne Bedeutung; sie ist beinahe ungehört, ganz unbeachtet und
spurlos am nationalsozialistischen Deutschland vorbeigegangen. Das
brauchte kaum erwähnt zu werden.
Von Bedeutung ist diese Depesche des früheren Kaisers aber als unfrei-
williges Selbstbekenntnis seines Charakters, seiner Wesensart überhaupt.
Über Wilhelm II. ist viel geschrieben worden. Von den Lobpreisungen
wurde in diesem Buche gesprochen. Auch an abfälliger Kritik hat es nicht
gefehlt. Selbst seine schärfsten Gegner und Kritiker haben aber niemals ein
Urteil über ihn gefällt, das Wilhelm II. so vernichtend und schonungslos
charakterisiert hätte, wie diese seine eigene Depesche.
Zu einem Zeitpunkt sandte er sie ab, als endlich, nach langem helden-
haften politischen Kampf und höchster Leistung, ein wirklicher, ein echter
Führer und Herrscher die Zügel des Deutschen Reiches in die Hand ge-
nommen und das deutsche Volk um sich gesammelt hatte. Die Deutschen
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