Full text: Von Potsdam nach Doorn.

Die Tat Sands aber zeitigte böse Folgen, denn nunmehr hatten Fürst 
Metternich und seine Leute den ersehnten Anlaß, gegen die Burschenschaft, 
gegen die Universitäten überhaupt, gegen alles, was man nur ‚Demokratie‘ 
nennen konnte, vorzugehen. Metternich verhehlte seine Freude nicht und 
lobte den ‚‚vortrefflichen Sand“, der ihm jetzt so schön freie Bahn gemacht 
hätte. Damit begann nun die lange Periode der Verfolgung und Unter- 
drückung auf Grund der sogenannten Karlsbader Beschlüsse: 
Staatlich zu überwachen seien alle Schulen, die Universitäten, die Stu- 
denten und die Professoren. Alles sei zu beurteilen vom Gesichtspunkt der 
Staatsgefährlichkeit. Staatsgefährlich war alles, was den Grundsätzen der 
Heiligen Allianz nicht entsprach und an die Grundlagen des Deutschen 
Bundes rührte, also für die deutsche Einheit eintrat oder Stimmung zu 
machen versuchte. Das Bollwerk gegen diese nationaldeutschen Bestre- 
bungen war der Frankfurter Bundestag, gebildet durch Minister beziehungs- 
weise Gesandte der einzelnen deutschen Staaten. 
Die Burschenschaft wurde im selben Jahre — 1819 — aufgehoben. Grün- 
dung irgendeiner studentischen Korporation bedurfte staatlicher Genehmi- 
gung. Ein umfassendes Spionagesystem war mit allen Mitteln der Denunzia- 
tıon und der Bespitzelung ständig am Werk. Fortwährend war man auf der 
Suche nach irgendwelchen heimlichen Zusammenhängen und ‚Umtrieben‘“, 
die deu Staat gefährden könnten und sollten. Wer als Demokrat‘ ver- 
dächtig war, wurde und blieb von allen Staatsämtern ausgeschlossen. Jeder, 
der überhaupt verdächtig war, wurde überwacht. Ähnliche Maßnahmen rich- 
teten sich gegen die Turnerbünde; man stellte sie unter Überwachung; 
strenge Pressezensur wurde eingeführt. 
In Mainz saß die Zentral-Untersuchungskommission für alle deutschen 
„Jakobiner‘‘, Demagogen und Demokraten. Jahn wurde verhaftet und 
durfte erst sechs Jahre später wieder, in dem Zustande ‚‚gemäßigter Freiheit‘“, 
nämlich unter Polizeiaufsicht, sein Leben weiterführen. 
Ludwig Jahn war sicher kein Talent, noch weniger ein Genie; aber er war 
ein lauterer Idealist, ein tapferer Mann im Kriege und ein feststehender 
mutiger Mann gegenüber allen Verfolgungen und Mißhandlungen, die, seit 
dem Jahre 1819 über ihn hereinbrachen. Auch hat er in manchen Fragen 
gesundes politisches Urteil gezeigt: die deutsche Einheit wollte er unbedingt, 
aber nur unter preußischer Führung, wie überhaupt der deutsche Beruf 
Preußens ziemlich allgemein erkannt wurde, aber ebenso, daß das Preußen 
von damals in seinen deutschen Beruf noch nicht hineingewachsen war. 
Umgekehrt muß gerechterweise auch dahin geurteilt werden, daß alle 
jene für ein großes, einiges Deutschland Begeisterten die Größe der prak- 
tisch-politischen Schwierigkeiten entweder überhaupt nicht sahen oder 
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