doch weit überwiegend bei den Regierungen, also bei den Fürsten und ihren
Beratern.
Heute erscheint uns schwer begreiflich, daß ein von Grund aus so recht-
licher Fürst wie Friedrich Wilhelm III., der aus den Befreiungskriegen eine
unermeßliche Summe an Achtung, Vertrauen und Liebe heimbringen
konnte, sich nicht besser auf die Psychologie seines Volkes verstand und
sich willenlos oder bereitwillig dem überwiegenden Einfluß Metternichs und
des preußischen Konservativismus unterwarf.
Bei manchen anderen deutschen Fürsten konnte man wohl von Egoismus,
Angst und Überheblichkeit sprechen, bei Friedrich Wilhelm nicht. Dieser
König hatte eben wirklich ehrlich das Metternichsche System für richtig und
notwendig gehalten und ebenso ehrlich geglaubt, daß durch solche Mittel
Legitimität, Thron und Altar sicher untermauert werden könnten; derselbe
Friedrich Wilhelm, der 1813 den ‚‚Aufruf an mein Volk!“ unterzeichnet und
damit das Herz seines Volkes gefunden hatte!
Es ist, rückwärts betrachtet, ein Verhängnis gewesen, daß. Friedrich Wil-
helm weder Verständnis noch Sympathie für jene großen ‚Jakobiner“
von Stein bis Gneisenau gehabt hat. Wie anders würde sich das Schicksal
Preußens und Deutschlands sonst gestaltet haben. Das Schlimmste von
allem ist vielleicht gewesen, daß die große nationaldeutsche Bewegung, die
stark, frisch und rein aus der Napoleonischen Zeit hervorgegangen war,
durch die Behandlung, die man ihr von seiten der Fürsten und ihrer Berater
angedeihen ließ, mit der Zeit auch an ihrer Reinheit Einbuße erlitt wi:d von
Elementen durchsetzt und beeinflußt wurde, die — deutschem Wesen
fremd — den deutschen Gedanken verfälschten und mißbrauchten. Das
waren nicht so sehr Polen und Franzosen, sondern die Juden.
Die Juden ın der deutschen Einheitsbewegung
Im September 1791 wurde in der französischen Nationalversammlung,
nach zweijährigen heftigen Kämpfen, die folgende Entscheidung durch-
gesetzt: die Voraussetzungen für den Titel eines französischen Bürgers
seien in der Verfassung enthalten.
„Jeder, der diese Voraussetzungen in sich trägt und den Bürgereid ge-
leistet hat:: alle verfassungsmäßigen Pflichten zu erfüllen, hat auch das Recht
auf alle verfassungsmäßigen Freiheiten. Die Nationalversammlung setzt
hiermit alle auf die Juden bezüglichen Ausnahmebestimmungen und Klau-
seln außer Kraft und bestimmt, daß der von Juden zu schwörende Bürger-
eid zugleich den Verzicht auf alle ihnen früher gewährten Sonderzugeständ-
nisse bedeutet.“
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