schaftliche Gleichberechtigung, dann auf dem Wege zur Republik, und am
besten, wenn dieser Weg über die Revolution ging.
Manche Historiker, darunter auch Treitschke, haben über die Frechheit
und Oberflächlichkeit in der Publizistik der, um 1840, jüngeren Generation
in Deutschland geklagt, das sei wie ein Rückfall in die Zeiten der Auf-
klärung gewesen. In Wirklichkeit war es wohl kein Rückfall, sondern führte
sich darauf zurück, daß der jüdische Geist sich nunmehr frei betätigen
konnte, zumal in der Presse, in Pamphleten und in der oft fälschlich so ge-
nannten ‚schönen‘ Literatur. Die jüdische Betätigung setzte, damals zum
erstenmal, mit jener hohen Wirkung ein, die im Laufe der folgenden Jahr-
zehnte eine gewohnte Erscheinung wurde. Diese Literatur und Journalistik
und ihre Methoden waren für die Deutschen etwas Neues. Sie bewunderten
das Talent und die Unverfrorenheit, mit der die jüdischen Journalisten und
Schriftsteller alles herunterrissen, was ihnen oder ihren Hintermännern im
Wege stand oder nicht gefiel. Die unbedingte jüdische Respektlosigkeit, die
vor nichts haltmachte, imponierte um so mehr, als das damalige Deutsch-
land noch von Minderwertigkeitskomplexen, von der Untertanenunter-
würfigkeit erfüllt war, die die berühmte Faust in der berühmten Tasche
ballt und dabei niemals auf vollkommene Biegsamkeit des Rückgrats zu
verzichten wagte. Jene eigentümliche und unerfreulichste Erscheinung in
dem Gemisch des deutschen Wesens: eine gewisse Dienerhaftigkeit, im
Verein mit innerlicher Überheblichkeit, wird nun endlich die nationalsozia-
listische Erziehung beseitigen.
Für das neunzehnte Jahrhundert besonders und für alles, was sich injenen
zehn Jahrzehnten begab, darf dieser Zug nicht unerwähnt bleiben, ebenso-
wenig das Bedürfnis der Flucht in die Romantik, die jenem Zeitalter seinen
Namen gegeben hat. Schon wenn man sich dies vergegenwärtigt, so erklärt
sich, wird jedenfalls der ungeheure Einfluß Heines auf die Gemüter begreif-
lich, der sogar noch bis an das Ende des Jahrhunderts, wenn schon allmäh-
lich abnehmend, gedauert hat. Es war die Mischung einer ätzenden Kritik an
den deutschen Zuständen, den politischen und sozialen, und den in Betracht
kommenden Persönlichkeiten, einschließlich Friedrich Wilhelms IV., Ver-
höhnung, nicht allein der Kirche, sondern der Religion, und unechte Über-
steigerung des sentimentalen Zuges der Romantik und zugleich dessen Ver-
höhnung.
Ebenso behandelten die Heine usw. die deutschen Einheitssehnsüchte.
Wenn Heine die drei Dutzend Monarchen und das deutsche Philistertum
verhöhnte, Männerstolz vor Königsthronen und die Freiheit pries, so um-
jubelte ihn die deutschbegeisterte Jugend. Und wenn er deren patriotische
und dabei leicht alkoholisierte Rührung verspottete, so nahm man ihm das
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