ruhigen Zeiten, freien Zugang zu ihrem Könige hätten. Verbreitet hatte man
die Nachricht: In einem Schloßkeller läge der Kriegsschatz, der müsse unter
das Volk verteilt werden. Die Herren Doktor Friedländer, Doktor Weyl und
Simion aber hielten Reden und verlangten allgemeinen Zug nach dem
Schloß, um mit; dem König zu sprechen.
So kam der 18. März: Der König empfing eine Reihe von Deputationen:
„Höchst befriedigend‘‘, so teilte der Stadtverordneten-Vorsteher in den Ver-
sammlungen mit, war das Ergebnis. Bewilligt worden war:
Umgestaltung des derzeitigen Ministeriums, Zensurfreiheit,
Zusammenberufung der Landstände, freie Ständeverfassung,
Bürgerbewaffnung, Entfernung des Militärs.
Alle diese Bitten seien günstig aufgenommen worden. In diese bürgerliche
Begeisterung hinein ertönte die Stimme eines jüdischen Beauftragten: das
sei alles schön, aber man müsse noch — und nicht nur im Namen der Ber-
liner, sondern des ganzen deutschen Volkes — dem König sagen: gewähren
müsse er ‚die Gleichstellung aller religiösen Bekenntnisse auf freisinniger
Grundlage‘. — Auf die Antwort des Vorstehers, diese Zusage habe der
König bereits gegeben, folgte — immer nach zeitgenössischer Darstellung —
höchste Begeisterung und allgemeine gegenseitige Umarmung.
Gerade aus den zeitgenössischen Berichten erkennt man, auch wo keine
Namen genannt werden, die jüdische Führung und Durchdringung der Be-
hörden und der Massen. Die Forderung des ‚ganzen Landes‘ nach Gleich-
stellung der religiösen Bekenntnisse auf freisinniger Grundlage war schon
eine unverschämte Lüge. Im Grunde genommen handelte es sich immer um
einen neuen strategischen Angriff der Judenschaft der großen preußischen
Städte. Die Bevölkerung des ‚ganzen Landes‘ hatte durchaus kein Inter-
esse an der jüdischen Frage in diesem Sinne, höchstens an einem Schutz
gegen die jüdische Auswucherung. Im Unterschied zu England und Frank-
reich und Italien war in Deutschland die Judenfrage nie zur Ruhe gekom-
men, immer wieder lehnte sich die Bevölkerung, auch in den Städten, gegen
die fremde und meist verhaßte Rasse auf und gegen deren nichtjüdische
Freunde.
An diesem entscheidenden Tage erschien eine Deputation aus den Rhein-
landen, die weniger die Judenfrage und anderes im Auge hatte als die
deutsche Frage. Die Deputierten drängten den König heftig, der Augenblick
sei da. König Wilhelm antwortete — „sichtbar bewegt und in huldreichster
Weise‘ —: genau so denke er. Er werde sich an die Spitze der deutschen Be-
wegung stellen, alle nötigen Freiheiten gewähren und einen deutschen Kon-
greß nach Potsdam berufen. Allgemeiner Jubel! Am Nachmittag strömte
85