— 295 —
102. Die Freilassung erfolgt durch Entlassung von Bord bei Abgabe der
Prise. Doch sind die erforderlichen Zeugen zurückzubehalten. Die Namen der
bedingungsweise freigelassenen feindlichen und neutralen Personen sind dem Chef des
Admiralstabes unmittelbar zu melden zwecks Mitteilung an die feindliche Macht.
103. Passagiere aufgebrachter Schiffe sind auf freiem Fuß zu belassen und
mit Ausnahme der erforderlichen Zeugen sobald als angängig zu entlassen.
104. a) Die Behandlung der Kriegsgefangenen richtet sich, soweit es die Ver-
hältnisse des Seekrieges zulassen, nach Art. 4 bis 20 der Anlage zu 2. Haager
Konferenz. Abkommen IV.
b) Kapitän und Besatzung aufgebrachter Schiffe — soweit sie nicht zu Kriegs-
gefangenen gemacht sind — haben gleichwohl ihre bisherigen Dienste weiter zu ver-
sehen bis zu ihrer Entlassung. Die Anwendung von Zwangsmitteln ist, wenn
irgend tunlich, zu vermeiden. Sie bleiben im übrigen im Genuß ihrer Rechte,
soweit die Verhältnisse des Krieges nicht ein anderes gebieten.
Jc) An den Rechten der Passagiere aufgebrachter Schiffe soll nur in dringen-
den Fällen gerührt werden, z. B. wegen neutralitätswidriger Handlungen (vgl. 54).
105. Gebieten es die Umstände, so dürfen an Bord aufgebrachter Schiffe
befindliche Personen — auch auf das Kriegsschiff — umgeschifft werden. Ihr Auf.
enthalt auf dem Kriegsschiff darf nicht länger als unbedingt notwendig aus-
gedehnt werden. .
Abschnitt VIII.
Behandlung aufgebrachter Schiffe und beschlagnahmter Güter.
106. Der Kommandant hat nach der Aufbringung des Schiffes oder der
Beschlagnahme der Güter sofort die Maßnahmen zu treffen, die für deren Sicher-
stellung und für das prisengerichtliche Verfahren erforderlich sind.
107. Bedingen die Verhältnisse eine schnelle Trennung des Kriegsschiffes vom
aufgebrachten Schiff, so ist der Führer des Besatzungskommandos (Prisenoffizier) mit
diesen Maßnahmen zu betrauen.
108. Der Kommandant hat sich sofort in den Besitz der Papiere des Schiffes
zu setzen, d. h. aller Papiere, die sich an Bord vorfinden und als Beweismittel vor
dem Prisengericht dienen können.
Die Papiere werden in demselben Zustand, wie sie gefunden werden, geordnet
und mit Nummern versehen; ein Verzeichnis wird aufgestellt und vom Kommandanten
sowie vom Kapitän unterschrieben; Papiere und Verzeichnis werden mit dem Dienst-
siegel des Kriegsschiffes und dem Siegel des Kapitäns verschlossen und nebst einer
Verhandlung über den Justand von Schiff und Ladung und Abschrift des zu 96
genannten Berichtes dem Prisenoffizier zur sicheren Aufbewahrung und späteren Ab-
lieferung an das Prisenamt übergeben.
Sollte der Kapitän seine Unterschrift oder sein Siegel verweigern, so ist dieses
am Schlusse des Verzeichnisses zu vermerken.