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Wohnungerecht bedingten bürgerlichen und politischen Rechte (§ 8). Doch konnte
nach sechsjähriger Dauer des Aufenthaltes ein gerichtlich verfolgbarer Anspruch
auf Verleihung des Wohnortsrechts seitens des Inländers erworben werden,
wogegen der Gestattung des Aufenthalts an Ausländer eine solche Folge nicht
zukam. Diesen Bestimmungen wurde jedoch durch die Gesetzgebung des Nord-
deutschen Bundes über die Freizügigkeit, den Erwerb und Verlust der Bundes-
und Staatsangehörigkeit und den Unterstützungswohnsitz der hauptsächlichste Teil
ihrer Bedeutung entzogen und es ist, um Unsicherheiten in der praktischen Hand-
habung der einander durchkreuzenden reichs= und landesgesetzlichen Bestimmungen
vorzubeugen, durch das Gesetz vom 30. Mai 1873 Nr. 15 unter formeller
Aufhebung der Gesetze von 1852 und 1864 festgesetzt, daß die Gemeindegenossen-
schaft fortan durch Wohnsitz (juristisches Domizil) in der Gemeinde begründet,
ein Wohnortsrecht aber in der Bedeutung und mit den Wirkungen, die ihm
bisher gesetzlich beigelegt waren, ferner nicht erworben werde. Infolge dieser
Umgestaltungen der früheren Gesetzgebung ist an die Stelle des Begriffs „Landes-
einwohner“ der des „Staatsangehörigen“ getreten und die Ausdrucksweise der
N. L.-O., wie es auch in Beziehung auf den § 14 des Gesetzes über die Zu-
sammensetzung der Landesversammlung vom 22. November 1851 Nr. 48 in
dem entsprechenden § 7, Abs. 2 des Gesetzes vom 6. Mai 1899 Nr. 31 ge-
schehen ist, dementsprechend abzuändern, der § 24 der N. L.-O. aber hinfällig
geworden.
Begründung der Staatsangehörigkeit: Bundesgesetz vom 1. Juni 1870
Nr. 20, § 2; Erteilung der Aufnahmeurkunde: § 7 daselbst. Die Aufnahme
in den braunschweigischen Untertanenverband erfolgt in der Stadt Braunschweig
durch die Polizeidirektion (Gesetz vom 1. Juni 1900 Nr. 25 und Verordnung
vom 21. September 1900 Nr. 44, unter 3), im übrigen Bereich des Herzog-
tums durch die Kreisdirektionen. Gegen Ablehnung des Antrages ist Klage
bei dem Verwaltungsgerichtshof gegeben (Gesetz vom 5. März 1895, F 65).
92a5.
b) Dessen Folgen.
Alle Landeseinwohner sind dem Landesfürsten Treue, Ehr-
furcht und Gehorsam schuldig 1), und verpflichtet, den Gesetzen und
den dieselben vollziehenden Behörden zu gehorchen. Sie genießen
sämmtliche durch Verfassung und Gesetz zugesicherten Rechte, vor-
behaltlich der in Bezug auf die Ausübung einzelner Rechte gelten-
den Beschränkungen.
1) Nur die „Landeseinwohner“ schulden dem Landesfürsten Treue und
Gehorsam; nur sie sind daher als „Untertanen“ anzusehen. Ausländer oder
Angehörige eines anderen Bundesstaates erlangen die Rechte der „Landes-
einwohner“ durch Aufnahme in den Untertanenverband. In der liberschrift
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