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Freiheit mit seinen gerechten Begehren um Rechtsgleichheit
nicht durchdringen konnte, in anderen aber nach genossener
Freiheit, durch eigene Nachlässigkeit oder durch Anmaßung
Anderer das Errungene wieder verlor und bald weltlichen
oder geistlichen Fürsten, bald einem ahnen= oder geldstolzen
Patrizate huldigen mußte, so gab es doch der Städte noch
manche, in welchen er nicht nur seine Rechte behauptete,
sondern sogar bisweilen andere Stände vom politischen
Leben ausschloß.
Die Stärke, zu welcher es die Handwerker brachten,
lag aber in ihrer korporativen Verbindung zu Gilden oder
Zünften, in welchen sie, entsprechend den Orden der
höheren Stände, dem Geiste ihrer Zeit eine Genüge leisteten.
Der Verfassung der Zünfte haben teilweise die Kollegien
der Handwerker bei den alten Römern, teilweise die christ-
lichen Klöster als Vorbilder gedient. Jene hatten geheime
Gebräuche, Mysterien gehabt, über die wir jedoch nichts Zu-
verlässiges wissen — diese huldigten der christlichen Mystik
und — wenn auch ein direkter Zusammenhang der antiken
und der germanischen Gilden nicht historisch nachgewiesen
werden kann, so ist es doch eine Thatsache, daß auch die
Handwerksgenossenschaften des Mittelalters ihre geheimen
Gebräuche hatten. Nicht in allen Zünften war dies der
Fall, und wieder beschränkte sich das geheime Ceremoniell
in manchen auf Sprüche oder Zeichen, durch welche sich die
Handwerksgenossen unter einander erkannten. Am ausge-
bildetsten und inhaltreichsten aber war jenes Ceremoniell in
der Genossenschaft der Bauleute, Maurer oder Stein-
metzen. Der Grund hiervon liegt offenbar darin, daß die
Baukunst nicht nur unter allen Gewerben am meisten zum
Denken auffordert, die meisten technischen Kenntnisse ver-
langt, am ehesten die Anwendung gewisser „Vorteile“ not-
wendig macht, die sich leicht zu Geheimnissen ent-
wickeln, sondern auch durch die Errichtung von Tempeln