Full text: Die Freimauerer, deren Ursprung, Geschichte, Verfassung, Religion und Politik.

— 57 — 
grund der Verworfenheit gediehen war, daß der gute Wille 
des geistig beschränkten Ludwig XVI. das übel nicht mehr 
beseitigen konnte. Wenn einzelne Logen mit der Bewegung, 
nachdem sie einmal im Gange war und so lange sie noch 
einen konstitutionellen Charakter trug, sympathisierten, so 
läßt sich dies durch die Aufregung der Zeit eutschuldigen; 
einzelne Brüder aber hatten als Bürger das volle Recht 
dazu. Anders wurde die Sache, als der Jakobinismus seine 
blutigen Greuel entfaltete, und da begegnen wir der ent— 
scheidenden Thatsache, daß die Schreckensherrschaft 
dem Groß-Oriente von Frankreich ein Ende machte. Alle 
Klubs der französischen Revolution waren öffentlich; man 
wollte von geheimen, und selbst von bloß geschlossenen Ver- 
sammlungen nichts mehr wissen, und begann daher, schon 
1791, die Freimaurer als Aristokraten zu verfolgen. Der 
damalige Großmeister, Ludwig Philipp Josef, Herzog von 
Orleans, gab seine Titel bekanntlich auf, nannte sich 
„Bürger Egalité“ (wahrscheinlich mit dem Hintergedanken, 
sich durch Popularität auf den Thron zu schwingen) und 
erklärte zuletzt (1793, nur einen Monat nach der Ent- 
hauptung seines königlichen Vetters): er habe das „Phantom“ 
der Gleichheit, welcher die Maurerei anhänge, gegen die 
Wirklichkeit derselben aufgegeben; es solle in der Republik 
kein Mysterium bestehen, und er werde sich daher in nichts 
mehr mischen, was auf die Freimaurerei Bezug habe. — 
Noch in demselben Jahre fiel sein Kopf auf der Guillotine 
und besiegelte die „Wirklichkeit der Gleichheit,“ und die 
meisten Mitglieder der beiden eifrigen Logen: Contrat Social 
und Neuf socurs mußten durch das gleiche Ende erkennen 
lernen, daß die „wirkliche“ Gleichheit ein furchtbareres 
„Phantom“ war, als jene, welche sie in der Bruderkette 
gesucht hatten. Nur drei Logen in Paris bestanden während 
des Blutregimentes behutsam und heimlich fort, und erst 
der Sturz der Schreckensmänner rief den Bruder Roötiers
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.